Zweites Gesätz
Vater unser (3)
Vater unser im Himmel
Wir dürfen uns Gott als unserem ganz persönlichen Vater anvertrauen. Er hat sich uns durch seinen Sohn mitgeteilt, der in Menschengestalt, der als Mensch uns dieses Gebet, das „Vater unser“ gegeben hat. Wir können uns wie Kinder an Gott wenden.
geheiligt werde dein Name
Gott erahnen können wir in seiner Schöpfung. In ihr erfahren wir Sinnhaftigkeit und die Dynamik der in Gott schwingenden Evolution. In der Natur erleben wir Gottes Schöpfungswerk: Schönheit, Balance, Lebenswillen, Vielfalt, Vergänglichkeit.
dein Reich komme
Die Errichtung eines Herrschaftssystems auf der Erde, das die Vollkommenheitssehnsüchte der Menschen erfüllt, ist die große Illusion, die immer wieder in die Katastrophe führt. Ich bin in eine solche Katastrophe hineingeboren worden: Das „Nazi-Reich“.
dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden
Wie erfahre ich, wie kann ich wissen, was der Wille Gottes ist?
Wovon ich ausgehe: Für all mein Denken, Reden und Tun werde ich mich nach meinem Tod verantworten müssen. Vor dir Gott, unserm Herrn. Aber du, Herr, wirst mich nicht strafend zur Rede stellen.
Du wirst das Halbdunkel wegnehmen, so dass ich in deinem Licht und voller Klarheit erkenne, wann und wo ich deinem Willen nicht entsprochen habe, obwohl ich ihn durch eigenes Bemühen und deine Gnade hätte erkennen können.
unser tägliches Brot gib uns heute
Wir sind dankbar für „unser tägliches Brot“ und bemühen uns, in allem das rechte Maß zu finden. Milada und ich sind eine Überlebensgemeinschaft, verstehen uns nicht als Mitglieder einer Spaßgesellschaft. Es macht uns traurig, wenn wir sehen, wie der Überfluss Menschen dazu verführt, den Hals nicht voll zu kriegen und hochmütig zu werden.
vergib uns unsere Schuld
Seine Gebote hat Gott den Menschen nicht gegeben, um selber etwas davon zu haben. Er hat als der ganz und gar Vollkommene nichts nötig. Er hat sie uns gegeben, damit wir Menschen – jeder für sich und alle miteinander – menschenwürdig leben.
Weil die Menschen jedoch seine Gebote missachten, reduzieren, verfälschen, missverstehen, kommt es zu den uns bedrückenden Schrecken und Grausamkeiten, zu den Gräueln und Leiden, von denen unser Leben durchzogen ist.
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
Wer anderen nicht verzeihen kann, ist anmaßend. Er fällt ein Urteil über einen anderen Menschen, obwohl er unwissend wie jeder andere ist: Niemand kann einen anderen völlig durchschauen und beurteilen. Immer sind Vorurteile dabei. Und: Menschen können sich ändern.
Eine perfide Form der Überheblichkeit und Anmaßung ist, nicht zu verzeihen mit der Begründung, es handele sich um eine Beleidigung Gottes. Gott ist der Allwissende, wir nicht. Wir dürfen den Scheiterhaufen nicht anzünden.
Alle Gerichtsurteile sind geprägt von menschlicher Unzulänglichkeit. Wenn wir vergeben, überlassen wir Gott in seiner absoluten Gerechtigkeit das endgültige Urteil. Nur so bleibt die Perspektive der Vorläufigkeit allen Handelns erhalten.
und führe uns nicht in Versuchung
Gefahren schätzt man am besten ab, wenn man sie in ihren Abläufen vom möglichen Ergebnis her durchdenkt: Was kann im schlimmsten Fall passieren? Was kann ich gewinnen und was verlieren? Worin könnte eine Versuchung liegen? Wo fängt der Leichtsinn an?
sondern erlöse uns von dem Bösen
Das Böse ist in der Welt, weil wir deine Weltordnung, die von dir geschaffene Realität, nicht anerkennen. Trotz unseres Unwissens und unserer Unvollkommenheit wollen wir eine bessere Welt erzwingen, indem wir unsere Vorstellungen durchsetzen.
Unser selbstgefälliger Egoismus nimmt deinen Platz ein: Wir glauben, uns nicht ändern zu müssen, aber alle anderen. Unsere Familie soll hinter uns stehen, unsere Freunde zu uns halten. Wer uns widerspricht, macht sich als unser Feind verdächtig.
Amen
Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnade
Du hast deinen Sohn durch sein Leben begleitet, um ihn gebangt und gelitten. Nach seinem Tod haben dich die Apostel in ihren Kreis aufgenommen und Johannes dich in seine Obhut genommen.
der Herr ist mit dir
Gott hat dich zu seiner Mutter gemacht. Ein Geheimnis für dich und uns, das sich für dich spätestens nach deiner Aufnahme in den Himmel geklärt hat.
du bist gebenedeit unter den Frauen
Mit der Zeugung deines Sohnes erhielt dein Leben die Dimension Gottes: Der Teufelskreis menschlicher Unvollkommenheit und Unzulänglichkeit wurde durchbrochen.
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes: Jesus
Was bei uns aufgrund unserer sexuellen Ausgestaltung zu einer Geburt führt, hat Gott aufgrund deiner Geschlechtlichkeit zu seinem Eintritt in die Geschichte der Menschheit genutzt.
Einschub: der auferstanden und uns in den Himmel vorausgegangen ist
Auf die Trauer über den Tod Jesu folgt das Fest der Freude über die Auferstehung Jesu, dem Karfreitag folgt Ostern: Jesus ist auferstanden von den Toten! Jesus lebt!
An dieser Stelle des ersten und dann der weiteren neun „Gegrüßet seist du Maria“ rufe ich mir die Lebenden unserer Familie und Freunde ins Bewusstsein.
heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder
Wir leben vielfach im Widerspruch zu Gottes Wahrheit und Willen, weil wir Gott fehl interpretieren oder Fehlinterpretationen anderer übernehmen.
jetzt und in meinem weiteren Leben
Womit muss ich mich abfinden? Was muss ich anpacken? Was muss ich mir abschminken? Worauf muss ich mich einstellen?
Begleite mich vor das Angesicht deines Sohnes.
Amen
Spontane Gedanken zu den nun folgenden neun „Gegrüßet seist du Maria“ mache ich mir nach dem Einschub (vor der Hinwendung „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder“).
Abschluss des zweiten Gesätzes:
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Wie es war am Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit!
Wir ehren dich, indem wir uns dir unterordnen, uns in deine Wahrheit stellen. Dabei aber nicht wie berauschte Fans den Verstand verlieren, sondern die von dir geschenkte Freiheit in unserem Denken, Reden und Handeln wahrnehmen – und auch den anderen lassen.