Fünftes Gesätz

Vater unser (6)

Vater unser im Himmel

Wir dürfen uns Gott als eines liebenden Vaters gewiss sein. Er, der in allem Absolute und Vollkommene, ist uns in totaler Liebe zugetan. Er erwartet von uns, dass wir in seine Liebe hinein­wachsen, gemäß seiner Offen­barung dazu unsere Freiheit nutzen.

geheiligt werde dein Name

Unser Bewusstsein äußert sich in Gedanken und Gefühlen. Es sind Worte, Bilder, Melodien, Chiffren, Assozia­tionen, die sich vermi­schen und unser Selbst­be­wusstsein verworren und undeutlich entspre­chend unserer Unvoll­kom­menheit widerspiegeln.

Erst wenn wir unser Leben als unaus­weichlich auf Gott hin orien­tiert erkennen, uns als sein Geschöpf annehmen, ihn als Ziel unserer Sehnsucht nach Vollkom­menheit verstehen, dann kommen wir dazu, ihn als liebe­vollen Vater zu erfahren und seinen Namen zu heiligen – dann singen wir Lieder ihm zu Ehren, dann gehen wir auf in Klängen des Frohlo­ckens und der Glückseligkeit.

dein Reich komme

Wir müssen durch­halten: Das Reich Gottes kann es hier und schon gar nicht jetzt und auch nicht in irdischer Zukunft geben!

Wir müssen warten: Das Reich Gottes kommt. Aber wir wissen nicht wann. Ich freue mich auf die Wiederkehr Christi in Herrlichkeit!

Uns bleibt bis dahin: glauben und hoffen. Wir müssen uns mühen, liebevoll unser erdge­bun­denes Leben zu leben.

dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden

Die Kirche hat erste Priorität in der Vermittlung des Glaubens. Die Menschheit ist voller Sehnsucht nach Glauben, der ihrem Leben Sinn gibt. Als autori­täres Herrschafts­system über die Seelen wird die Kirche ihrer Aufgabe nicht gerecht. Aber als Überlie­ferer, als Ratgeber und Spender der Sakra­mente – vor allem durch das Lebens­bei­spiel, das wir, ihre Mitglieder, geben.

unser tägliches Brot gib uns heute

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, steht im Neuen Testament. Herr, gib uns die Güter zum täglichen Überleben, bewahre uns vor den Versu­chungen des Zuviel und des Unnötigen, lass uns der Wahrheit bewusst sein, dass alles Leben – auch wenn wir es gestalten – von Dir geschenkt ist.

vergib uns unsere Schuld

Die entschei­dende Orien­tierung: Gott lieben! Und den Nächsten wie sich selbst! Der Apostel Paulus hat in seinem ersten Brief an die Korinther geschrieben:

„Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich ein dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke. Und wenn ich prophe­tisch reden könnte und alle Geheim­nisse wüsste und alle Erkenntnis hätte; wenn ich alle Glaubens­kraft besäße und Berge damit versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts. Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte, und wenn ich meinen Leib dem Feuer übergäbe, hätte aber die Liebe nicht, nützte es mir nichts.

Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand.

Die Liebe hört niemals auf. Prophe­ti­sches Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis vergeht. Denn Stückwerk ist unser Erkennen, Stückwerk unser prophe­ti­sches Reden; wenn aber das Vollendete kommt, vergeht alles Stückwerk. Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war.

Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätsel­hafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvoll­kommen, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin. Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.“

wie auch wir vergeben unseren Schuldigern

Herr, ich bitte dich, lass mich in Liebe vergeben und hilf mir, die Chancen der Verbes­serung meiner selbst wahrzunehmen!

und führe uns nicht in Versuchung

Und wenn ich trotz allem einer Versu­chung erliege, weil ich ihr nicht gewachsen bin, wenn ich ohne Rücksicht auf das Danach schwach war, wenn ich andere Menschen mit hinein­ge­zogen habe – dann sei mir gnädig, nimm meine Reue an und hilf mir, wieder gut zu machen, was ich an Schaden angerichtet habe. Lass mich aus den Erfah­rungen, die ich mit mir in schwachen Stunden mache, lernen: Wie kann ich mich bessern.

Uns wird zu Beginn der Schil­derung deines Leidens über deinen Jünger Petrus berichtet, wie er dich verleugnet hat, obwohl du ihn vorher schon darauf hinge­wiesen hattest. Bewahre uns vor dem Hochmut zu meinen, das könne uns nicht passieren. Wir wollen demütig sein in der Erkenntnis: Trotz allen Bemühens bleiben wir anfällig und brauchen deinen Schutz, deine Hand, um erst gar nicht in Versu­chung zu kommen; und wenn doch, hilf uns, ihr zu wider­stehen; und wenn wir erliegen, lass uns nicht darin umkommen!

sondern erlöse uns von dem Bösen

In dieser vorläu­figen, von Bosheit befal­lenen und durch den Tod gekenn­zeich­neten Welt gibt es die Hoffnung auf dein Reich. Unser Bemühen um Überleben müssen wir in diesen Horizont stellen. Dann haben wir die Chance, mit unserer Lebens­ge­staltung und deiner Hilfe der Erlösung von der Bosheit dieser Welt näher zu kommen.

Der Auftrag für unsere Lebens­ge­staltung ist: Zeugnis für dich und deine Wahrheit geben. Das heißt: Unser Denken, Reden und Handeln soll zumindest ansatz­weise deinen Willen aufscheinen lassen, das Böse in den Schatten des Guten stellen, Böses nicht mit Bösem vergelten, sondern es in Liebe überwinden.

Amen

Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnade

Wir können uns Gott nur nähern, wenn er uns gnädig ist, uns mit seiner Gnade beschenkt. Deshalb bitten wir dich um deine Fürsprache, damit wir aus derselben Haltung der Demut wie du seine Gnade annehmen.

der Herr ist mit dir

Aus Deinem Leib heraus ist Gott Mensch geworden! Deine Befruchtung fand auf wundersame Weise statt: durch Gott in der Gestalt des Hl. Geistes, der Gottes­kraft, die für unsere Sinne unsichtbar in die von Raum und Zeit bestimmte Welt hinein wirkt.

du bist gebenedeit unter den Frauen

Mütter erziehen durch ihr Lebens­bei­spiel. In dir haben wir das Lebens­vorbild unseres Glaubens!

und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes: Jesus

Du bist unsere Mutter! Wir haben eine Frau und Mutter im Himmel, um deren Fürsprache bei unserem Herrn Jesus Christus wir bitten.

Einschub: auf dessen Namen ich getauft worden bin

Dem mir schon als Kind geschenkten Heil der Frohen Botschaft will ich durch meine Lebens­führung gerecht werden – so gut ich kann. Selbst­be­wusst, selbst­be­stimmt, in eigener Souve­rä­nität und Freiheit. Denn ich bin für mein Leben vor dir, Herr, verantwortlich.

An dieser Stelle des fünften und dann der weiteren neun „Gegrüßet seist du Maria“ des fünften Gesätzes rufe ich  mir Sätze zu meinem Lebenssinn ins Bewusstsein: Sei darauf bedacht, mit deinem Leben ein Glaubens­zeugnis zu geben! Mach dich nützlich! Nutze deine Einsichten und Erfah­rungen dazu, dein Denken, Reden und Handeln unablässig zu verbessern! Rappel dich nach jedem Fallen wieder auf, fasse nach jeder Enttäu­schung wieder Mut! Bete!

heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für mich Sünder

Wir leben vielfach im Wider­spruch zu Gottes Wahrheit und Willen, weil wir uns unsere Vorstellung von Gott so zurecht legen, dass wir uns nicht ändern und verbessern müssen.

jetzt und in der Stunde meines Todes

Ob die Erfüllung meiner Bitten für mein Seelenheil förderlich ist, kann ich nicht beurteilen. Deshalb: Nimm nur die an, die mich deinem Sohn, meinem Herrn, näher bringen.

Stehe allen bei, von denen ich in meiner Todes­stunde Abschied nehme, die mich auf meinem Lebensweg begleitet haben. Lass sie in ihrer Trauer nicht allein. Gib ihnen die Gewissheit, dass ich ihnen voraus­ge­gangen bin, so wie dein Sohn bei seiner Himmel­fahrt uns allen voraus­ge­gangen ist. Tröste sie und erfülle sie mit Freude.

Amen

Zum Abschluss des fünften Gesätzes und meines gesamten Gebetes anhand des Rosen­kranzes spreche ich zur Bekräf­tigung drei Mal:

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Wie es war am Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit!

So soll es sein, so ist es! Gott! Ich danke dir! Ich verehre dich! Ich lobe und ich preise dich! Ich liebe dich!

Amen

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