Wie ich versuche, die Gebote Gottes als
meine Lebenswirklichkeit zu verstehen
Meine Eltern haben eine liebevolle Ehe gelebt. Sie gingen zärtlich miteinander um. Wir Kinder waren in diese Liebe eingeschlossen. Sexualität blieb im Verborgenen. Aufgeklärt wurden wir nur ansatzweise. Auch in der Schule gab es keine Sexualkunde, sondern nur eine Woche mit zwei Patres zum Thema 6. Gebot. Haften blieb bei mir: Vorsicht, da lauert überall die Gefahr schwerer Sünde.
Dennoch wurde ich unbeschwert groß: Bei meiner älteren Schwester bekam ich mit, was bei Mädchen „so abgeht“ und über den Sportverein kam ich in eine Volkstanzgruppe, die erst gar keine Hemmungen entstehen ließ. Während des Studiums habe ich mich auf keine feste Bindung eingelassen – ich kam mir noch viel zu unfertig vor und fühlte mich der Verantwortung nicht gewachsen.
An zwei Stellen des Alten Testaments wird das sechste Gebot aufgeführt:
Du sollst nicht die Ehe brechen. > Buch Exodus
…, du sollst nicht die Ehe brechen, … > Buch Deuteronomium
Im Zusammenhang des sechsten Gebots stehen das neunte sowie das zehnte Gebot. Sie lauten:
Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen.
> Buch Exodus
Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, …
>Buch Deuteronomium
Lieblose Sexualität
Man nennt die Branche das „älteste Gewerbe“ der Welt: das Geschäft der Huren. Denn seit jeher sind Männer fremd gegangen. Es sind Männer, die das Geschäft mit krimineller Energie organisieren. Frauen, die ihre Schönheit an ihrer Sexualität festmachen, befördern das Geschäft. Heute gilt in vielen Gesellschaften: Wer seine Sexualität nicht auslebt, ist verklemmt und spießig.
Auf Sexualität gegründete Partnerschaft hat keinen Bestand. Denn der lustvolle biologische Vorgang erschöpft sich in der Flüchtigkeit des Orgasmus. Nachher ist vorher, was zur Sucht verleitet. In der Sucht entwürdigt sich der Mensch, verliert er seine Freiheit. Vergewaltigungen sind Ausdruck von individuell wie gesellschaftlich provozierter Sucht.
Sexualität ist von Natur aus auf einen Zweck hin orientiert: Fortpflanzung. Das „älteste Gewerbe“ sieht das als unerwünschte Nebenwirkung. Sie wird so weit wie möglich ausgeschlossen. Auch von vielen Paaren. Aber was wird aus einer Gesellschaft, deren Geschlechter-Kontakt von Kondomen und der Pille bestimmt wird? Sie ist mit den Auswirkungen der Nebenwirkungen konfrontiert.
Die Katholische Kirche verficht in Fortsetzung jüdischer Tradition radikale Regelungen und Strafen: Sie „steinigt“. Obwohl Jesus sagt: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie.“ Es ist lieblos, von ihrem Partner verlassene Männer oder Frauen von den Sakramenten auszuschließen, wenn diese eine neue, auf Liebe gegründete eheliche Verbindung eingehen.
Die Freuden der Liebe
Sexualität ist die wunderbare, in Gottes Schöpfung hineingelegte und von Verlangen und Hingabe getragene Freude, einen anderen Menschen Liebe spüren zu lassen. Aber sie ist nicht der Beweis von Liebe! Deshalb: Sexualität von einem Partner egoistisch einzufordern, ist lieblos. Dem Partner Sexualität zu verweigern, ist auch lieblos.
Liebe ist die Chance, die Unvollkommenheit des Partners nicht ausschlaggebend und die eigene Unvollkommenheit nicht eine Zumutung werden zu lassen. Liebe beweist sich im bedingungslosen Einstehen füreinander. Ihre Stichworte sind: Güte, Geduld, Sanftmut, Bescheidenheit, Fairness, Großmut, Verzeihen, Wahrheitsliebe.
Kein Liebespaar kann die ständigen Einflüsse der Umwelt auf sein Zusammenleben ausschalten. Der Alltag zeigt, was zu regeln ist. In Gesellschaften, die nur wenige Regeln vorgeben, müssen Liebende eine Menge an Zuordnungen für ihr Leben als Partner selber festlegen. In Liebe genutzter Verstand ist gefordert.
Die Gründungsphase einer Ehe gehört zu den schönsten Zeiten des Lebens. In ihr entscheidet sich die Zukunft der zarten Pflanze „Liebesglück“. Denn Liebe braucht starke Wurzeln. Dann erst wird sie tragfähig. Erst recht für die Ausweitung zur Familie. Die in die Partnerschaft eingebrachte Lebenseinstellung wird mit der Geburt des ersten Kindes ausschlaggebend.
Zentrifugalkräfte und Versuchungen
In Treue gelebte Partnerschaft ist täglich erbrachte Lebensleistung. Einerseits der Beruf, andererseits Ehe und Familie müssen aufeinander abgestimmt werden, so dass sie sich nicht gegenseitig beeinträchtigen, sondern fördern. Es gilt zuhause einen Lebensstil zu schaffen, der Geborgenheit und Freude, Klugheit und Zuverlässigkeit wie Blütenduft verbreitet.
Zur persönlichen Balance gehört ein selbstbewusstes Körpergefühl. Wir können über unseren Körper verfügen, aber unser Eigentum ist er nicht. Wir sind Gottes Geschöpfe. Es hängt von unserem Lebensstil ab, wie sich unser Körper im Laufe der Jahre verändert. Ob wir uns gesund erhalten oder schädigen, ob wir unsere Erscheinungsform dankbar annehmen oder uns schämen.
Die Lebenserwartung hat erheblich zugenommen. Die häufigen Veränderungen in unserem Lebensumfeld und die wachsende Komplexität der Gesellschaft machen es schwer, sein Leben als Einheit zu sehen und zu gestalten. Der Anpassungsdruck ist gewaltig. Das macht Lebensplanung schwierig. Als Paar und Familie ist Flexibilität notwendig – bei konstanter Werteorientierung.
Es gibt ehe- und familienfeindliche Lebensumstände. Alle Jobs, die Ehe und Familie als Zusammenleben aufheben, zerstören Ehe und Familie. Wenn berufliche Veränderungen anstehen, ein Karrieresprung möglich ist, heißt die Herausforderung: Wie kann die Priorität von Ehe und Familie erhalten werden. Vor allem, wenn der Wertewandel der Gesellschaft anderes vorgibt.
Die maßgeblichen Mächte
Menschen sind Geschöpfe Gottes. Niemand kann sagen, er sei nicht geboren worden, sondern habe sich selbst erschaffen. Als Geschöpf muss ich mich verantworten: mir selbst gegenüber und für mein Verhalten anderen gegenüber. Diese Verantwortung an Vormünder abzugeben, ist Selbstaufgabe. Denn sie ist Teil der Freiheit, die mir im Unterschied zum Tier gegeben ist.
Das sechste Gebot ist wie kein anderes darauf angelegt, die Liebe Gottes unter uns unvollkommenen Menschen in Ehe und Familie aufleuchten zu lassen. Dazu braucht es Lebensbeispiele. Doch unter den von der Kirche zu Heiligen erhobenen Vorbildern gibt es so gut wie keine Väter und Mütter. Die Kompetenz der Priester ist aufgrund des Pflichtzölibats und ihre Vertrauenswürdigkeit durch den Missbrauchsskandal infrage gestellt.
Kein Zweifel: Unternehmer sind für ein Volk, das zu Wohlstand kommen und ihn erhalten will, unentbehrlich. Unternehmer ihrerseits sind wie die Gesellschaft und der Staat abhängig von Familien, aus denen lebenstüchtige Menschen hervorgehen. Sonst geht der Ruf der Arbeitgeber nach „geeigneten Mitarbeitern“ schon bald ins Leere.
Familienfeindliche Wirtschaft und staatlicher Familienersatz
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist der Schlüssel zu künftigem unternehmerischen Erfolg. Aus einer Single-Gesellschaft gehen keine „geeigneten Mitarbeiter“ hervor. Dem Staat schon die Kleinkinder zuzuschieben, ist ein Irrweg. Denn der Staat ist erwiesenermaßen nicht nur ein schlechter Unternehmer, sondern auch ein ungeeigneter Familienersatz.
Die führenden Politiker sind in einem Dilemma: Einerseits braucht der Wohlstand gut ausgebildete Arbeitnehmer, andererseits einen charakterlich leistungsfähigen Nachwuchs. Da der allerseits priorisierte Wohlstand die Familien jedoch mehr und mehr zu Freizeitvereinigungen macht, schwindet die Fähigkeit der Familien, charakterlich stabile Menschen hervorzubringen.
Es ist eine Notlösung, wenn der Staat die Familienaufgaben der Kinderbetreuung und Kindererziehung den Paaren abnimmt. Denn damit geht die Verwurzelung der Gesellschaft im Generationenverbund verloren. An ihre Stelle tritt eine horizontale Gesellschaftsstruktur: Die Orientierung des Verhaltens gemäß der jeweiligen Altersgruppe schon ab der frühen Kindheit.
Ehe und Familie – nicht mehr zeitgemäß?
Jede Gesellschaft wird von Strömungen durchzogen, die die „Verhältnisse“ verändern. So haben Frauen ihre Freiheitsrechte mit der Parole „Gleichberechtigung“ erstritten. Aber es gibt auch Frauen, die ihrer Verantwortung als Mütter nach traditioneller Rollenvorstellung gerecht werden wollen. Die „Horizontale Gesellschaft“ wird sie ins Abseits schieben.
Die Strömungen der Veränderung haben mit dem Anspruch des „Fortschritts“ die Gestaltung von Ehe und Familie, wie sie die Väter des Grundgesetzes im vorigen Jahrhundert verstanden, zerstört. Die Vorstellungen von Ehe und Familie, wie sie unsere Vorfahren hatten, hat die Mehrheit unserer Gesellschaft nicht mehr. Liebe wird nach den Vorstellungen des Patchworks gelebt.