Kapitel 21
Woraus Sie viel für sich machen können: Reisen
Eine Reise, die man aus dem Katalog bucht, mag der Erholung dienen. Wenn Sie indes neue Einsichten gewinnen und bereichernde Erfahrungen sammeln wollen, dann planen Sie Ihre Reisen wie ein Projekt selbst. Je gründlicher die Vorbereitungen, um so intensiver das Erleben. Ein Land lernt man am besten durch seine Menschen kennen. Versuchen Sie deshalb, Gastgeber zu finden, und seien Sie ein guter Gast.
Wozu Reisen gut sind
Die Anlässe zu Reisen sind vielfältig: Erholung suchen, Freunde wiedersehen, Geschäfte abschließen, Dienstaufträge wahrnehmen, Kulturereignisse erleben, die Welt kennenlernen. Reisen fallen sehr unterschiedlich aus, je nachdem ob man allein, zu zweit, als Familie, in bekannter oder unbekannter Gruppe, mit dem Sportverein oder mit Berufskollegen unterwegs ist. Eine Rolle spielt auch, in welchem Lebensalter und in welcher Lebensphase oder Lebenssituation man seine Reisen macht. Wie auch immer – aus einer Reise lässt sich eine Menge machen.
Was suchen Menschen auf Reisen? Der eine möchte dem Alltag entfliehen und in Ruhe Abstand zu seinem Umfeld gewinnen, der andere will Abenteuer; dem einen geht es um Geselligkeit und sportliche Betätigung, dem anderen um Einsamkeit in atemberaubender Natur; den einen interessieren die Menschen fremder Länder, den anderen Museen oder Opernfestspiele; usw. Auf dem Riesenmarkt Tourismus kann man sich fast jeden Wunsch erfüllen.
Viele Zeitungen und Zeitschriften haben spezielle Reiseseiten. Es gibt Magazine, die sich nur mit dem Thema Reisen beschäftigen. Die Fernsehsender bieten Reisemagazine. Reisebücher und ‑videos kann man leihen oder kaufen. Kein anderer Markt bietet derart zahlreiches Informationsmaterial. Nichts ist einfacher, als sich ein Reisearchiv anzulegen.
Planen Sie Ihre Reisen wie Projekte!
Reisen gehören zur Persönlichkeitsentwicklung. Früher sagte man: Reisen bildet. Der Jugendliche, der als Anhalter reist, kann genauso viel persönlichen Gewinn haben wie der Geschäftsmann, der nach Terminplan seine Gesprächspartner trifft und Produktionsstätten besichtigt. Der Erfolg einer Reise hängt mit der Qualität der Vorbereitung zusammen. Das ist Projektarbeit.
Beispiel “Skiurlaub”. Eine Gruppe junger Leute will Skilaufen fahren: Im Januar zwei Wochen in die Alpen. Wer kennt sich da wo aus? Wer besorgt Informationen über Angebote? Eine Pension buchen oder eine Ferienwohnung mieten? Mit dem Zug oder mit Autos? Welche Schwierigkeitsgrade soll das Skigebiet haben? Wer will Skiunterricht nehmen? Wer will Touren machen? Welche Unterhaltungsmöglichkeiten gibt es am Abend? Was soll der einzelne für die Gruppe mitnehmen? Gesellschaftsspiele? Getränke? Haben alle eine Skiausrüstung? Kann einer denen aushelfen, die nicht alles selbst haben? Wer kennt jemanden, der über das Gebiet etwas erzählen kann? Gibt es Kartenmaterial? Von wem kann man sich Informationen zuschicken lassen?
Je intensiver die Vorbereitung, um so größer die Vorfreude!
Winterurlaub ist kein besonders schwieriges Projekt. Reist man dagegen in andere Klimazonen, in Weltgegenden anderer Zivilisationsformen oder abseits verkehrstechnisch erschlossener Gebiete, braucht man erheblich mehr Vorbereitungsaufwand. Das muss nicht gerade so anspruchsvoll sein wie eine Expedition, auf die sich die Teilnehmer mitunter jahrelang vorbereiten. Aber Individualreisen außerhalb touristisch durchorganisierter Feriengebiete werden nur dann zu einem Gewinn an Lebenserfahrung ohne leichtfertiges Risiko, wenn generalstabsmäßig vorgedacht, geplant und in die Wege geleitet wird.
Ein zweites Beispiel. Man will die Naturparks des Südwestens der USA bereisen. Zu welcher Jahreszeit? Wie lange? Was wird vorgebucht? Was bucht man erst drüben, was schon hier? Mit dem Homemobil oder mit dem PKW? Wo soll die Reise in den Staaten beginnen? Welche Strecke soll gefahren werden? Welche Reiseführer und Bildbände gibt es?
Liegen die wesentlichen Antworten vor und sind die grundlegenden Entscheidungen getroffen, sollte ein erstes Planungsgerüst erstellt werden. Dazu gehört:
- ein Zeitplan,
- ein Streckenplan,
- ein Aktionsplan und
- ein Finanzplan.
Auch die Vorbereitungsarbeiten werden zu einem Aktionsplan zusammengefasst. Schließlich die to do-Liste für den Countdown: Was ist vor der Abreise alles zu erledigen?
Vorfreude und Spannung steigern sich bei einer solchen Vorbereitung immer mehr – bis es dann endlich losgeht.
Wer glaubt, sich eine intensive Vorbereitung schenken zu können – weil man angeblich keine Zeit dazu hat oder das Reisebüro das ja alles machen kann oder vor Ort die bessere Gelegenheit sein müsste –, der riskiert nicht nur unangenehme Überraschungen, sondern kann seine Reisezeit weder optimal nutzen noch sein Reisegebiet seinen Interessen entsprechend ausschöpfen. Er kann hinterher sagen, er sei da gewesen, aber erlebt hat er nur, was der Zufall geboten hat.
Lassen Sie keinen Urlaubsstress aufkommen!
Bei aller Vorbereitung: Es wäre sicher ein Missverständnis, eine Reise exakt als Planvollzug zu absolvieren. Eine präzise Vorbereitung hilft vielmehr, offen zu sein für Korrekturen oder spontane Änderungen. Gerade das wird durch das gesammelte und aufgearbeitete Vorwissen möglich: Man kann vorort in Alternativen denken, sich schnell auf neue Gegebenheiten umstellen. Denn man hat die dazu notwendigen Basiskenntnisse. Man kann eher beurteilen, ob man ein unerwartetes Angebot annehmen sollte oder lieber nicht. Man fühlt sich freier und sicherer.
Urlaubsstress vermeidet, wer auf Zeiten der Aktivität Zeiten der Beschaulichkeit folgen lässt. Man sollte nicht von einer Attraktivität zur nächsten hasten. Lieber Programmpunkte streichen, wenn es zu dicht wird. Auch sollte man nicht alles fotografieren wollen. Genießen Sie den schönen Augenblick zunächst einmal ohne Kamera. Erst dann dokumentieren. Fortwährend Souvenirs einzukaufen, stiehlt ebenfalls kostbare Reisezeit. Reisen heißt: erleben, erfassen, kennenlernen, Erfahrungen sammeln.
Führen Sie ein Reisetagebuch!
Ein besonders gut geeignetes Mittel, die Erlebnisse einer Reise in all ihren Bereicherungen, Erfahrungen und Begebenheiten festzuhalten, ist ein Reisetagebuch. Das kann ein einfaches Schreibheft sein, in das man täglich einträgt, wo man war, welchen Menschen man begegnet ist, was einem alles auffiel, was einen beglückt hat, was einem gefährlich vorkam, was einen in Erstaunen versetzt hat, was einem rätselhaft war, welche Einsichten zuteil wurden, wie man sich fühlt usw.
Auch Zeit- und Wetterangaben können Sie eintragen. Wer zeichnen kann, wird sicher Freude daran haben, Skizzen einzufügen. So ein Reisetagebuch hilft einem nicht nur, das Reiseerlebnis zu vertiefen, es ist auch die beste Grundlage, zuhause die gesammelten Erfahrungen noch einmal nachzuerleben und aufzuarbeiten. Es stimmt: Reisen bildet.
Andere Länder lernen Sie am besten durch
den Kontakt zu ihren Menschen kennen
Will man – wie es so schön heißt – Land und Leute kennenlernen, gelingt das kaum über Small-talk-Bekanntschaften, die man unterwegs macht. Deshalb ist es ratsam, bei der Vorbereitung Adressen ausfindig zu machen und Kontakte herzustellen, die einem Besuche ermöglichen.
Dazu gibt es zahlreiche Ansatzpunkte: Kollegen aus dem Berufsfeld; Sport- und Freizeit-Vereine, die dem Heimatverein entsprechen; Städtepartnerschaften; Fan-Clubs etc. Spätestens an diesem Vorbereitungspunkt stellt man dann auch fest, dass es gut war, wenigstens einigermaßen Englisch gelernt zu haben. Wer kontaktfreudig und findig ist, wird genügend Adressenmaterial bekommen. Per E‑Mail und Telefon lassen sich schon vor Reisebeginn erste Kontakte knüpfen.
Vor Ort muss man dann unbefangen feststellen, ob die Aufnahme des Kontakts wirklich auf ausreichendes gegenseitiges Interesse stößt oder nicht. Das ist oft eine Frage spontaner Sympathie. Bei einer solchen Begegnung, in der man die Rolle des Gastes beherrschen muss, zeigt sich sehr schnell, ob man sich gut genug auf das Gastland vorbereitet hat.
Eine Besuchssituation wird zu einem bereichernden Erlebnis, wenn man sich das notwendige Vorwissen über Sitten und Gebräuche im Lande verschafft hat. Hinzukommen muss jenes Fingerspitzengefühl, das Gastgeber und Gäste zueinander finden lässt. Dann besteht die Chance, dass es über den Small talk hinaus geht und vielleicht sogar zu gemeinsamen Unternehmungen und zu Freundschaft kommt.
Dokumentation und Schlussfolgerungen
Zurück von der Reise kann man bekanntlich viel erzählen, aber damit sollte es nicht sein Bewenden haben. Ein “Reise-Projekt” braucht seinen Abschluss: Eine Dokumentation, die den Verlauf schildert und bewertet sowie Schlussfolgerungen zieht. Das Reisetagebuch, die Fotos und Videos sowie das gesammelte Informationsmaterial, einschließlich dessen, was unterwegs noch hinzugekommen ist, bilden die Grundlage, liefern die Belege und Anschauungsbeispiele. Die Dokumentation sollte man möglichst bald nach seiner Heimkehr verfassen, solange die Erinnerungen noch präzise sind. Planen Sie deshalb eine Reise immer so, dass Sie nicht gleich am Tag danach wieder im Job sein müssen!
Als Gliederung bietet sich der zeitliche Ablauf an. Aber man kann auch anders strukturieren, beispielsweise nach Begegnungen mit beeindruckenden Menschen, Höhepunkten des Natur- und/oder Kulturerlebens. Gesonderte Kapitel kann man interessanten Ereignissen, besonderen Beobachtungen und Entdeckungen widmen. Vergleiche mit dem heimischen Umfeld, gewonnene Ansichten und Merkposten für die nächsten Reisen sollten nicht fehlen.
Wer seine Ausflüge in die Welt derart projektiert, ausführt und abschließt, wird sehr bald schon den immensen Gewinn solch intensivierten Reisens erfahren. Jeder weiß: Nur mit entsprechender Ausrüstung und Vorbereitung kann man zu den Gipfeln dieser Welt aufsteigen oder Flora und Fauna der Urwälder dieses Planeten erkunden. Ähnlich ist es mit jeder anderen Reise. Wer Reisen wie ein Projekt angeht, gelangt vom bloßen “da gewesen” zum nachhaltigen “erlebt”.