Teil 2, 1. Abschnitt
3. Die Halbstarken in ihrer
filmischen Darstellung
3.1. Die verschiedenen Merkmale
jugendlicher Verhaltensweise
als Vordergrund der Darstel-
lung
3.1.1 Rock’n Roll/Jazz
Die Zeiten, da sich die Jugend zu Hause mit den übrigen Anverwandten zusammensetzte, um im Stil der Hausmusik zu musizieren, sind vorbei. Von der Kammermusik hat sich das Interesse der Jugend der Tanzmusik zugewandt. Vor allem die Schulorchester haben sich der neuen Musik verschrieben. Zwar legen ihnen die Lehrer der älteren Generation, die sich gegen diese Entwicklung sträuben, Hindernisse in den Weg, aber in der jüngeren Lehrergeneration haben die heutigen Schüler Unterstützung. Am Ende der Filme gehen sie siegreich aus dem Streit hervor.
Nicht nur das, sie bekehren auch die Eltern, ja sogar die Großmütter zu der Auffassung, daß die neue Tanz- und Musizierweise der rechte Ausdruck jugendlichen Frohsinns ist. Filme dieser Art bieten ihren Produzenten die Möglichkeit, mit bekannten Schallplattenstars und der Aneinanderreihung von zur Zeit beliebten Schlagern eine Art Schlagerparade herzustellen, die an dem oben skizzierten Handlungsfaden aufgehangen, ein sicheres Geschäft verspricht.
In Filmen wie „Jazzbanditen“, „Und noch frech dazu“ wird der Versuch unternommen, die dem Jazz verschriebene Jugend von der Rock’n Roll-Jugend zu trennen. Die Rock’n Roll-Jugend wird als ordinär und zu Exzessen neigend dargestellt, während die jazzinteressierte sich seriös gibt; fast eine neue Hausmusik. Allerdings hat man die gute Stube mit dem Keller getauscht, um unter sich zu sein und mit der Lautstärke die Nachbarn nicht zu provozieren.
3.1.2 Die Schuljugend
Die Sitten und Gebräuche, die als Filmgags dienen, unterscheiden sich nicht von den Gags früherer Filme im Schulmilieu. Bei der Lateinklassenarbeit hilft ein Kleinsttonbandgerät; der verhaßten Lehrerin setzt man weiße Mäuse ins Waschbecken; einen Mitschüler läßt man in die Badewanne plumsen und man bewirft sich nach wie vor mit Gemüse.
In den Liebschaften der Schüler wird dagegen ein Wandel zur Freizügigkeit dargestellt. Zwar gibt es noch Eifersuchtsszenen unter Internatsschülerinnen, doch durchweg machen die Mädchen das ständige Wechselspiel der Jungen mit. Die Unverbindlichkeit herrscht vor, man ist alles andere nur nicht prüde. Die erzieherische Unsicherheit der Eltern kann zu einer Unterstützung dieser Verhaltensweisen führen.
Der Arztsohn weiß sich der Billigung seines Umgangs mit Mädchen durch seine Eltern sicher, da diese sich am Verhalten anderer Eltern ausrichten, die allgemein dem jugendlichen Verhalten zustimmen. Die elterlichen Vorbilder sind entsprechend: Die Mutter eines Mädchens hält sich einen Liebhaber; die Eltern eines anderen stehen vor der Scheidung. Die Darstellung veralteter Erziehungsmethoden wie Hausarrest dient der Kontrastierung neuzeitlicher Großzügigkeit.
Eine Schulklasse, die Rauschgifthandel betreibt, erfährt natürlich nicht mehr die Billigung durch ihr Umfeld. Aber da der Polizeiagent schon als einer der ihren unter ihnen ist, kann es nur eine Frage der Zeit sein, wann dem Treiben dieser süchtigen Jugend ein Ende bereitet wird. („Mit 17 am Abgrund“) Auch auf ihren Lehrer kann es eine Klasse abgesehen haben. Wenn dieser auch am Ende die Oberhand behält, so muß er doch zunächst allerlei Tiefschläge einstecken. („Der Pauker“)
3.1.3 Freundeskreis
Vor den Schranken des Gerichts stehen drei Jungen und ein Mädchen. Sie sind angeklagt wegen Mord, Totschlag und Einbruchsdiebstahl. Die Jungen werden mit Zwangsarbeit bestraft, das Mädchen freigesprochen. Tot ist der vierte Junge der Bande.
Im Hintergrund sitzen die Eltern der Angeklagten. Die Mutter von Jean Arnaud; ihr Mann hatte sie damals, als sie schwanger war, vor die Wahl gestellt: entweder ich oder das Kind. Sie behielt das Kind, und ihr Mann verließ sie. Für dieses Opfer fordert sie von Jean unterwürfige Liebe. Daß er den Jahren der Kindheit entwachsen ist, will sie nicht wahrhaben.
Vater und Mutter Dutoit sitzen da. Dutoit ist Judenhasser, was ihm fünf Jahre Gefängnis eingebracht hat, ohne ihn jedoch in seiner Meinung zu ändern. Im Gegenteil: Er hetzt ständig seinen Sohn Richard gegen die Juden auf, deretwegen er, sein Vater, fünf Jahre im Gefängnis gesessen hat.
Der Vater von Philippe Boussard ist Geschäftsmann. Neben ihm sitzt seine Frau, hinter den beiden de Mantesson, der Freund von Mme. Boussard.
Noblet ist Lehrer und Pazifist. Seine ganze Liebe und Nachsicht gilt nach dem Tod seiner Frau seiner soeben freigesprochenen Tochter Liliane. Diese jedoch läuft immer häufiger von zu Hause fort, weil sich der Vater fortwährend mit seinem Sohn, einem überzeugten Kommunisten, streitet.
Die Eltern des toten Daniel Epstein wurden von den Nazis als Juden verschleppt und umgebracht. Daniel überlebte die Verfolgung, versteckt bei einem Bauern. Ein Onkel aus Amerika zahlt ihm seinen Lebensunterhalt.
Vor diesem genau gezeichneten Hintergrund wird die Geschichte des Films, den Gerichtsakten entnommen, vorgeführt und aufgezeigt, wie es zu den in der Anklage erhobenen Vorwürfen kam.
Daniel, Jean, Richard, Philippe und Liliane fühlen sich in ihrem Umfeld unwohl. Daniel träumt schon lange von der Flucht in eine friedliche Welt und hat seine Zimmerdekoration entsprechend seinen Südseeträumen gestaltet. Die anderen, insbesondere Jean, seinen besten Freund, steckt er mit seiner romantischen Friedenssehnsucht an.
Eines Tages beginnen die Fünf feste Pläne zu schmieden, als Philippes Vater wegen des durch den Koreakrieg bedrohten Weltfriedens Europa verläßt und seiner Frau eine Segeljacht zurückläßt, damit sie nachkommen kann. Aber sie möchte nicht, da sie de Montesson nicht entbehren kann. Sie überläßt Philippe die Jacht. Mit dieser wollen die fünf Freunde ihren Traum verwirklichen.
Durch einen Einbruch bei de Montesson wollen sie sich das Geld für den Provianteinkauf verschaffen. Der Einbruch mißlingt. Jean, dem Muttersöhnchen , versagen die Nerven. Vor Angst zitternd, erschießt er den Nachtwächter. Die Jungs können sich noch gerade vor der Polizei retten, diese bleibt ihnen jedoch auf der Spur. Mißtrauen verbreitet sich unter den Freunden. Bei einem „Probeverhör mit Polizeimethoden“ ertränken Richard und Philippe Daniel. Jean ist verzweifelt. Er will sich vergiften, doch er bricht das Gift wieder aus und gibt dem Polizeibeamten in den Atempausen ein volles Geständnis.
Das Handeln und Schuldigwerden der Jugendlichen wird hergeleitet aus ihrem sozialen Hintergrund. Zwar sitzen sie auf der Anklagebank und werden sie bis auf Liliane verurteilt, aber ohne den Blick auf die Publikumsbank mit den Angehörigen wäre es nicht möglich, auch nur im Geringsten das Phänomen der hier dargestellten Jugendkriminalität zu verstehen.
Der Film stellt die Frage, warum es zu diesem Handeln kam. Und er tritt den Beweis dafür an, daß die Jugendlichen folgerichtig so gehandelt haben, wie ihre Umwelt es ihnen ohne Absicht und ohne Ahnung der Zusammenhänge im Laufe von Jahren suggeriert hat. Das wird erreicht, indem Vordergrund und Hintergrund, Anklagebank und Publikumsbank ständig miteinander verknüpft und jede jugendliche Handlung mit ihrer Antriebsquelle in Verbindung gesetzt wird. Auf diese Weise gerät der Hintergrund ziemlich nach vorne, da die Wirkungen nicht wie in anderen Filmen über Halbstarke als vorherrschende Ebene der Darstellung benutzt, sondern fortwährend auf die Ursachenebene projeziert werden.
Der Sohn des Judenhassers tötet den Juden. Der Sohn der allein um ihren persönlichen Genuß bemühten Eltern handelt kaltherzig und ganz auf sein Prestigebedürfnis ausgerichtet. Er begeht einen Mord, indem er zusammen mit Richard Daniel in der Badewanne ertränkt. „Tote können nichts mehr der Polizei sagen.“ Ist sein Kommentar. Daniel, der seiner Eltern beraubt und danach verfolgt wird, überträgt die Sehnsucht nach Frieden und Sicherheit auf die Freunde. Zur Verwirklichung ihrer Sehnsucht vergreifen die Jugendlichen sich in den Mitteln. Daß sie sich vergreifen und die drohenden Folgen des Fehlgriffs wiederum mit falschen Mitteln abzuwenden suchen, erscheint als die Schuld der Eltern, der Erwachsenen.
Die Erwachsenen lieben sich alle mehr als die Menschen ihres Umfelds. Und so werden sie zu gefährlichen Vorbildern. Da nutzt es auch nicht, wenn sie sich an die Gesetze halten und ihrerseits der Form genüge leisten. Wenn de Montesson Liliane mit eindeutiger Absicht zu sich nach Hause einlädt, muß es der Jugend als beinahe gerecht vorkommen, diesen Tunichtgut zu bestrafen, um sich gleichzeitig die Möglichkeit zu verschaffen, dieser verderbten und liebessüchtigen aber nicht Liebe gebenden Welt den Rücken zu kehren.
Daß durch die Ereignisse ein Domino in Gang gesetzt würde, war keinem der Beteiligten klar. Jeder trägt nach seiner Veranlagung und Erziehung dazu bei. Das Gericht beurteilt das Ergebnis. Es beurteilt das Produkt „Erziehungsberechtigter“, über die zu richten nach dem Eindruck beim Zuschauer sinnvoller wäre. Doch Erziehungsfehler sind strafrechtlich nicht relevant, auch wenn sie zu Verbrechen führen. („Vor der Sintflut“)
3.1.4 Pyromanie
Ein Kriminalbeamter, den man ins Jugenddezernat versetzt hat, lernt durch zwei kleine Ladenbetrüger die Geschwister Murphy kennen, von denen die ältere Schwester die Stelle der Eltern vertritt. In ihrem Bruder entdeckt der Beamte einen langgesuchten Brandstifter. („Kinder der Straße“) Die Handlungs-weise dieses Jungen macht sinnfällig, zu welchen Perversionen eine Jugend gelangen und zu welcher Gefahr für die Gesellschaft sie werden kann, wenn die Erwachsenen es versäumen, sie in ihre Gesellschaft einzugliedern.
3.1.5 Söhne von Rabenmüttern
Ein Sohn muß weitgend auf das Vorhandensein einer Mutter verzichten, wenn diese sich einem Freund widmet. Doch der wird für die Mutter ungemütlich, da er sich zum Alkoholiker entwickelt. Der Sohn und sein Freund weigern sich, den unliebsam gewordenen Mann aus der Welt zu schaffen. Also macht es Mama selber. Die Jungs schaffen ihr wenigstens die Leiche aus dem Haus. Und nicht nur das: Vor Gericht nimmt der Sohn die Tat auch noch auf sich. Während er nun freiwillig die Tat seiner Mutter absitzt, vertreibt sich sein Freund die Zeit als Zuhälter. („Teenager am Abgrund“) Krasser läßt sich wohl eine „halbstarke“ Mutter nicht zeichnen.
3.1.6 Besserungsmethoden
Das Treiben der Halbstarken endet für die Filmschaffenden nicht vor den Gefängnismauern. Es wird auch gezeigt, wie die Gesellschaft versucht, jugendliche Rechtsbrecher zu „bessern“. Die Methoden einer alten, unflexiblen Generation stehen auch hier wie schon in der Schule den neuen psychologischen Methoden einer jüngeren Generation gegenüber. Zwar funktioniert die Methode des jungen Gefängnisarztes nicht ohne Komplikationen, so daß der Vertreter der alten Schule ihn zunächst einmal entläßt.
Aber schon bald weiß man weder ein noch aus und holt ihn zurück. Er nimmt seine Behandlung wieder auf: Den Hauptmissetäter zur Einsicht bringen, die anderen werden nachfolgen. Und dann sexuelle Stauungen vermeiden, indem man hübsche junge Mädchen in Reichweite bringt. („Jugend ohne Gesetz“)
3.1.7 Kaum abweichendes Verhalten
Die Jugend treibt ihre Späße, spielt ihre Streiche und hat ihre Nöte. Der Bruder wacht über die Tugend der Schwester. Ein Junge betet eine verheiratete Frau an. Ein Mädchen hält es mit zwei Freunden. Am Ende suchen und finden die Jungen einen Job und ein Mädchen, mit dem sie sich verloben und das sie heiraten werden. Die Orientierung der Jugendlichen an den Erwachsenen erscheint als selbstverständlich. Die Jugend findet einen Weg ins Erwachsenensein, der den Erwartungen der Gesellschaft entspricht. Die Streiche und der Schabernack werden als harmlos und jugendliches Vorrecht betrachtet. Man ist sicher, daß sie wie eine Laune vergehen.
3.2. Einzelne Jugendliche im
Vordergrund der Darstellung
3.2.1 Gefährdete Mädchen
Die 17jährige Elfie hat mit ihrem Freund Stephan ein Radio unter Eigentumsvorbehalt gekauft. Der Einkauf geht schief und Elfie wird in eine Fürsorgeanstalt eingewiesen. Nach ihrer Entlassung bekommt Elfie ihre alte Stelle in einer Wäscherei nicht mehr, da der Makel der Fürsorgeanstalt für die Besitzerin ein zu schwarzer Fleck ist.Es gelingt Elfie, sich in ein Damenmodehaus als Vorführdame einzuschmuggeln. Die erste Gelegenheit benutzt sie, ein besonders kostbares Kleid zu entwenden. Sie sucht ihre ebenfalls entlassenen neuen Freundinnen aus der Fürsorgeanstalt auf, die in einem Nachtclub engagiert sind und die sie gleich mit einem Manager für Tänzerinnen sowie einem Liebesdienste suchenden und kapitalkräftigen, unglücklich verheirateten Direktor bekannt machen.
Der Direktor nimmt sich ihrer an. Sie erhält alles, was ihr Herz begehrt einschließlich Luxusappartement. Als es durch die Frau des Direktors zum Bruch zwischen Elfie und dem Direktor kommt, springt der Manager für Tänzerinnen ein. Und Elfie würde sicher in der Nachtclubatmosphäre versinken, tauchte da nicht im letzten Augenblick ihr aus der Haft ausgebrochener Freund Stephan auf. Die beiden streiten sich zwar wegen des Luxusappartements und der damit verbundenen Untreue Elfies, so daß Stephan schließlich enttäuscht davonläuft, um sich auf der nächsten Polizeistation wieder einsperren zu lassen, doch Elfie rennt Augenblicke später ihm nach.
Sie kann ihn ausfindig machen und telefoniert:: „Ich warte auf dich Stephan!“ („Noch minderjährig“) Bevor Stephan gleichsam als edler Ritter das kleine Mädchen mit einem Streich zum Happyend wieder auf die Beine stellt, hat sich schon in liebevoller Kleinarbeit eine Fürsorgerin abgemüht. Sie erscheint als mütterlich besorgte, bescheidene Frau, die für die Jugend bittet und bettelt und die Eltern zur Einsicht zu bringen versucht.
Wenn der Fürsorgerin der große Erfolg auch versagt ist, ihr großer Kollege, der Jugendrichter, hat ihn. Mit Autorität, Klugheit und Geduld führt er die Jugendlichen aus ihren Verirrungen heraus. Ein 14jähriger hat einen Hund gequält. Der Jugendrichter verurteilt ihn zur Wiedergutmachung, indem er den Hund in Pflege zu nehmen und in Zeitabständen dem Gericht vorzuführen hat. („Der Jugendrichter“) Acht Monate Jugendarrest verhängt der lebenskluge Richter als Strafe für ein Mädchen, das sich als Lockvogel einer Jugendbande betätigt hat. So entzieht er das Mädchen dem Einfluß der Bande, insbesondere dem Einfluß des Bandenchefs.
Aber dem Mädchen gelingt ein Ausbruchversuch und sie droht, eher vom Dach zu springen, auf das sie geflohen ist, als sich wieder einsperren zu lassen. Mit dieser Drohung erreicht sie eine Aussetzung ihrer Strafe durch den Jugendrichter. Der bringt sie als Hausmädchen bei seiner Pensionswirtin unter, um nunmehr selbst die Aufsicht über das Mädchen führen zu können. Sie macht erneut Ausreißversuche, stiehlt Geld, doch immer bringt der Richter sie zurück auf den rechten Weg. Und eines Tages ist es dann soweit: Sie sagt sich los von der Bande.
Der Jugendrichter gewinnt die Gestalt eines Wunderdoktors, der die jahrelangen Versäumnisse und Fehler der Eltern und Lehrer in Monaten wieder gut macht. Er ist die berufene Person, junge Menschen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten, gesellschaftsfähig zu machen. Die üblichen Strafen hält er für untauglich, zumal er weiß, daß die Ursache weniger bei den Jugendlichen als vielmehr bei den Erwachsenen liegt. Als in die Zukunft schauernder Mann weiß er zudem, wie wichtig für die Gesellschaft die Bekehrung der Jugend ist. Er ruft den Jugendlichen zu: „Glaubt ihr, mir gefällt die Welt? Euch gefällt sie nicht! Mir auch nicht! Tut doch etwas dagegen, wer soll es tun, wenn nicht ihr, die Jungen!“
3.2.2 Jugendliche Paare
Er ist 16 und sie 15. Um eine sich anbahnende Niederkunft zu vermeiden, suchen die beiden gemeinsam mit einem Freund einen Arzt zur Schwangerschaftsunterbrechung. Der Freund macht eine Adresse ausfindig, doch das zusammengelegte Geld reicht nicht für das geforderte Honorar. Der Junge begeht eine Scheckfälschung. Doch er fühlt sich nicht wohl bei seinem Tun und beichtet die Geschehnisse schließlich seinen Eltern. Diese können gerade noch den Arzt an seinem Eingriff hindern. Es folgt eine Auseinandersetzung zwischen den Eltern und den Jugendlichen, die mit der Einwilligung in eine Ehe endet. („Die Unverstandenen“) Der Film bietet eine formale Legalisierung als Lösung.
Betont keine Lösung gibt der Film „Warum sind sie gegen uns“. Das Paar trennt sich, da die Standes-unterschiede sich als nicht zu überbrücken erweisen. Er ist Arbeitersohn, sie Tochter eines Prokuristen. Sie pflegt eine andere Jugendkultur als er in seinen Rock’n Roll-Lokalen. Seine Freunde besitzen Motor-räder, Jungs ihrer Schicht fahren Motorroller. Er versucht, in ihren Partyclub aufzusteigen, aber es gelingt ihm nicht. Sein Vater säuft und sitzt vor dem Fernsehschirm. Der Gedanke, sein Sohn solle mehr als ein Arbeiter werden, ist ihm nie gekommen. Ihre Eltern verbieten den Verkehr mit einem Ungebildeten. Mit der Konstruktion eines Konflikts aus der sozialen Herkunft Jugendlicher steht dieser Film allein.
3.2.3 Kriminelle Jungen
In dem humanen, eintönigen Milieu eines Erziehungsheimes verbohrt sich ein Halbstarker in den Gedanken, daß allein die Umwelt an ihm schuldig geworden sei. Als kleiner Junge hat er ständig erlebt, wie sein Vater die Mutter mißhandelte und ihn tyrannisierte. Es gelingt ihm die Flucht aus dem Erziehungsheim. Draußen wartet seine Freundin. Sie kampieren im Wald, unter Booten, im Vorstadtschuppen, in Bunkerverließen. Sie verüben Einbrüche, zuletzt in eine Kaserne, um sich zu bewaffnen.
Die Polizei jagt sie mit Spürhunden. Einer der Polizisten wird von ihnen getötet. Sie entkommen. In der Stadt treffen sie alte Bekannte: Einbrecher, Zuhälter, Homosexuelle. Sie rauben ein Auto, überfallen die Post, brechen in eine Wohnung ein. Alles geht gut, bis der Junge das Vertrauen in seine Freundin verliert und Eifersucht zeigt. In dem Moment wird er unvorsichtig. In einem Tunnel bricht er, von der Polizei gestellt, heulend vor Verzweiflung, nach dem letzten Schuß zusammen. („Gewalt gegen Gewalt“)
Von einem alten Gangster erschossen wird ein Jüngling, der sich soeben nach Übersee aus dem Staub machen will. Zuvor hat er eine halbe Million bei einem Banküberfall erbeutet. Um die notwendigen Informationen über den Tresor zu erhalten, hat er sich kurzfristig mit der Tochter des Nachtwächters verlobt. Mit zwei Freunden, der eine alkohol- der andere rauschgiftsüchtig, war er zu Werke gegangen. Der Nachtwächter überrascht sie, was ihn das Leben kostet. Die Komplizen wollen ihrem Boß die Beute streitig machen. Der Boß vergiftet sie und verbrennt ihre Leichen. („Stockholm 2Uhr nachts“)
Neben diesen hoffnungslosen und der Ausrottung bestimmten Jünglingen gibt es den in seinem Wesen gespaltenen Jüngling, der sowohl Verführer als auch Retter ist. Wegen einer Tat, die er gerade nicht begangen hat, sitzt Fabian im Gefängnis. Er will Selbstmord begehen, doch der Versuch schlägt fehl. Es gelingt dem Gefängnisarzt, den Jungen aus seiner Verzweiflung herauszuholen.
Die Geschichte Fabians: Wegen eines Lehrers muß er die Schule verlassen. Sein Vater, Oberst a.D., zeigt keinerlei Verständnis für den Sohn. Fabian gründet mit Freunden und Freundinnen eine Bande. Er beginnt zu trinken, zu stehlen, sich mit Mädchen zu beschäftigen. Als er jedoch auf ein Mädchen stößt, das sich zu bewahren sucht, regt sich in ihm der Schutz gewährende Ritter. Er befreit sie aus der Bedrohung eines Zuhälters. Da dieser umkommt, fällt der Verdacht der Ermordung auf Fabian. Erst der Gefängnisarzt kann die Geschehnisse aufklären, so daß Fabian nach Absitzen der Strafe für seine Diebstähle aus dem Gefängnis entlassen werden wird. Draußen wird ihn das gerettete Mädchen erwarten. („Verbrechen nach Schulschluß“)
Während in den beiden ersten Filmen die Jungen in Konsequenz ihres total gesellschaftsfeindlichen und gesellschaftsverächtlichen Verhaltens ihren Untergang finden müssen, siegt im dritten Film trotz widriger Umstände und Umwelteinflüsse dank der Hilfe des Arztes ein noch bestehender unversehrter Wesensteil des Jungen. Das Verhalten der Helden in den beiden ersten Filmen ist eindeutig kriminell, da es, bereits habitualisiert, alle Anzeichen einer Karriere trägt.