Teil 4
Versagen gegenüber der Jugend

5. Analyse des Films „Denn sie
wissen nicht, was sie tun“

5.1 Filmo­gra­phische Angaben

Origi­nal­titel: „Rebel without a Cause“
Produk­ti­onsland: Amerika
Produk­ti­onsjahr: 1955
Produzent und Verleiher: Warner Bros.
Regisseur: Nicholas Ray
Drehbuch: Stewart Stern
Darsteller: James Dean, Natalie Wood, Sal Nineo u.a.
Farbfilm in Cinemascope

Der Regisseur zur Absicht des Films:

„Dieser Film entstand aus dem Bedürfnis, zu dem brennend aktuellen Thema der in unserer Zeit in allen Ländern der Erde erschre­ckend anstei­genden Jugend­kri­mi­na­lität auf unsere Weise Stellung zu nehmen. Schon bei den Vorbe­rei­tungen zum Buch – der Autor Stewart Stern hielt sich wochenlang unter Jugend­lichen in Schulen, auf den Straßen, auf Polizei­stellen und bei den Jugend­ge­richten auf – ergab es sich, daß dieser Film keineswegs im Slum-Milieu spielen würde, sondern verwiegend den gutbür­ger­lichen Mittel­stand als Ausgangs­punkt des Geschehens nehmen muß. 

Das bürger­liche Heim wurde zum Mittel­punkt des Inter­esses, mit dem wir das Schicksal fehlge­führter junger Menschen in allen Bereichen des sozialen, wirtschaft­lichen und kultu­rellen Lebens beobach­teten. Das allge­meine Verhalten vieler Eltern zur körper­lichen und seeli­schen Entwicklung der Kinder in der Schule, am Arbeits­platz und in der privaten Umgebung lieferte mannig­faltige Gründe für die Schwie­rig­keiten vieler Jugend­licher, mit denen sie in den meisten Fällen allein nicht auf normalem Wege fertig werden können. Vor allem nicht, wenn sie sich am Rande des Inter­esses der Menschen, fühlen müssen, die ihnen die nächsten sein sollten. In einem solchen Verlas­sensein ist jede heran­rei­fende Jugend ungeschützt gegen die Versu­chung, alles – auch das Krimi­nelle – zu tun, um sich die Beachtung der Eltern, deren Liebe sie vergeblich suchten, zu erzwingen.

Es waren viele erschüt­ternde Begeben­heiten, die sich für uns zu einem einheit­lichen Bild verdich­teten. Wir nahmen die Dinge so, wie sie geschehen, und wir fanden im Mittel­punkt alles Geschehens immer wieder das Eine: Das Heim der jungen Menschen.“ Zitiert aus „studio“, 3. Jhrg., Nr. 10

5.2 Thema, Stoff, Sequenzenliste

Thema: Darstellung von abwei­chendem Verhalten einzelner Jugend­licher und einer Bande Jugend­licher als Folge des Versagens der Erwachsenen.

Stoff: Es ist nach Mitter­nacht, als sich die Polizei mit drei Jugend­lichen, einem Mädchen und zwei Jungen, beschäftigt. In den Verhören wird die derzeitige Situation der Jugend­lichen insbe­sondere in Bezug auf ihre Eltern bloß gelegt. Nach einer solcher­maßen psycho­lo­gi­schen Exposition nimmt die Handlung ihren Auftakt am nächsten Morgen, als Jim, der Held des Films, als Neuling in der Schule auf eine Bande stößt, die den Neuen ein wenig auf die Probe stellen will.

Die Ausein­an­der­setzung zwischen dem Bandenchef, Buzz, und Jim wird auf den Abend verschoben. Am Mittag und Nachmittag wird die in der Exposition geschil­derte Situation der Jugend­lichen in der Stellung zu ihrer Familie näher ausge­leuchtet. Am Abend insze­niert die Bande eine große Schau, bei der Jim und Buzz in Wettkampf zuein­ander treten. Durch das tragische Ende dieses Wettkampfs gerät Jim in Gewis­sens­kon­flikte. Er sucht bei seinen Eltern Rat, findet ihn aber nicht. Verzweifelt stürmt er davon. Er trifft auf Judy, die Freundin des verun­glückten Buzz.

Die beiden fahren zu einer verlas­senen Villa, wo auch Plato, ein Schul­ka­merad von Judy und Jim, sogleich nach den beiden eintrifft. Nach einem heiteren Auftakt, in dem die Jugend­lichen Erwach­se­nensein spielen, treibt die Handlung durch das Eintreffen der nach dem Unglück noch zusam­men­ge­blie­benen Restbande und wenig später das Dazukommen der Polizei ihrem Ende zu, dem Tod Platos.

Sequen­zen­liste:

1) Jim, Judy und Plato befinden sich zu Verhören auf der Polizeistation.

2) Jim erlebt den ersten Vormittag in seiner neuen Schule. Nach der Vorlesung im Plane­tarium kommt es zu einer ersten Ausein­an­der­setzung zwischen Jim und dem Chef der Bande, Buzz.

3) Jim und Judy in ihren Eltern­häusern. Jim fragt seinen Vater um Rat. Judy verläßt nach einem Streit mit ihrem Vater den Mittagstisch.

4) Jim, Buzz und die Bande treffen sich zum „Hasen­fuß­rennen“. Das Rennen endet mit dem Tod von Buzz.

5) Jim und Plato bringen Judy nach Hause. Zu Hause wird Judy von ihrem kleinen Bruder herzlich begrüßt. Plato verab­schiedet sich von Jim.

6) Jim streitet sich mit seinen Eltern. Am Ende stürmt er durch die Veran­datür davon zur Polizeistation.

7) Jim verlangt auf der Polizei­station, Inspektor Ray zu sprechen, der aber nicht da ist. Daraufhin versucht er, Judy anzurufen. Judy hört, wie ihr Vater den Anruf annimmt, ohne sie zu rufen. Als Jim von der Polizei­station zurück­kehrt, trifft er Judy, die auf der niedrigen Garten­mauer ihres Eltern­hauses sitzt.

8) Plato wird von der Restbande überfallen und seines Notiz­buchs beraubt. Er stürzt in sein Schlaf­zimmer, holt einen Revolver unterm Kopfkissen hervor und eilt davon.

9) Jims Eltern werden durch die Restbande aufgeschreckt.

10) Jim, Judy und Plato in einer verlas­senen Villa. Jim und Judy lassen Plato allein. Dieser wird von der Restbande aufge­funden und verfolgt. Plato setzt sich mit der Pistole zur Wehr und verletzt einen der Verfolger. Seine Verfolgung nimmt die Polizei auf. Plato flieht zum Plane­tarium hinüber. Jim bemüht sich, Plato zur Einsicht und unbeschadet in die Hände der Polizei zu bringen. Doch es gelingt ihm nicht. Plato wird von der Polizei erschossen. Seine Leiche umstehen die Negerin, die Plato als Haushäl­terin betreut hat, Jims Eltern, Jim und Judy. Im weiteren Umkreis geschäftige Polizei­beamte. Nach einer Weile löst sich die Szene auf: Jim und Judy gehen aus dem Bild; aus der Vogel­per­spektive sieht man die übrigen Akteure in die Autos steigen und davonfahren.

5.3 Kennzeichnung der einzelnen
Gruppen und ihrer Mitglieder

Drei Familien, die Schule, die Polizei und eine Bande Jugend­licher sind die Gruppen, auf die sich die Personen des Films verteilen. Bis auf die Bande handelt es sich um Insti­tu­tionen, die in einer Gesell­schaft ganz bestimmte Aufgaben wahrnehmen, damit die Gesell­schaft in ihrem Bestand und in ihrer Struktur erhalten bleibt. Am wenigsten erfüllen die Familien ihre Aufgabe.

Die Aktionen der Jugend­lichen in und außerhalb der Bande sowie die Konflikte in den Eltern­häusern machen dies deutlich. Die Schule wirkt unbeteiligt als Präsen­tie­rerin von Wissen. Allein die Polizei erweist sich als Herr der Lage. Doch die Polizei­maß­nahmen zeigen sich am Ende des Films als inadäquat in ihrer Anwendung auf Jugend­liche. Das Versagen insbe­sondere der Familie erscheint als solcher­maßen nicht zu beheben.

5.3.1 Der Held und seine Familie

Mr. Stark, der Famili­en­vater, liebt keine Aufre­gungen und ist daher immer auf Beruhigung und die Vermeidung von Ausein­an­der­set­zungen bedacht. Insbe­sondere gilt diese Bestrebung seiner Frau gegenüber, deren Vorwurf und Tadel er fürchtet und den er deshalb unbedingt vermeiden möchte. Mit einer Schürze angetan, kniet er auf dem Boden, um das vom Tablett gerutschte Essen leise wieder aufzu­sammeln, ehe seine Frau den Unfall bemerkt, während sein Sohn Jim daneben steht, ihm unwillig vorhaltend „Laß sie es doch sehen! Was kann passieren? Steh auf! Du sollst das nicht!“ und ihn an der Schürze hochzu­ziehen versucht.

Seinem Sohn möchte Mr. Stark ein beson­nener, erfah­rener und nachsich­tiger Vater sein. Die eigene Jugend roman­ti­sierend, bagatel­li­siert er die Probleme gerne, zu deren Lösung Jim bei ihm Rat sucht. „In zehn Jahren sieht alles ganz anders aus.“ „Mit den Jahren wirst du es lernen.“ „Keine überstürzten Entschlüsse!“ „Wir müssen die Sache von allen Seiten betrachten.“ „Du bist in einem benei­dens­werten Alter.“ „Was ist schon dabei, wenn er mal ein kleines Schnäpschen trinkt, das ist doch kein Verbrechen.“ „Ich war auch kein Spiel­ver­derber, als ich jung war.“ „Habe ich dir nicht alles gekauft, was du willst? Ein Motorrad und auch ein Auto.“ „Habe ich dich schon mal von etwas zurück­ge­halten?“ „Es liegt mir fern, dir zu sagen, was du zu tun hast.“ Mit solchen Reden wird eine Erziehung darge­stellt, die auf jede Lenkung und Weisung verzichtet, im Vertrauen darauf, daß sich alle guten Eigen­schaften spätestens beim erwach­senen Menschen von Natur aus einstellen.

Der Vater versteht seinen Sohn nicht und ist unfähig, ihm wirksam helfen zu können. „Was tut man, wenn man ein Mann sein will?“ möchte Jim wissen. Antwort seines Vaters: „Hm, äh, äh, nun“. Die ganze Lebens­weisheit des Vaters – immer den Weg des geringsten Wider­stands unter Wahrung des Anscheins der Moralität zu wählen – wird laut, als er Jim davon abbringen will, in Unter­stützung seiner Frau, sich der Polizei als Betei­ligter am Hasen­fuß­rennen zu stellen. „Du weißt, daß du einen Fehler gemacht hast. Das ist die Haupt­sache!“ „Du kannst nicht dein Leben lang Idealist sein. Niemand dankt dir dafür, daß du deinen Kopf hinhältst.“ Aber Jim weiß es besser: „Außer du dir selbst!“

Mr. Stark ist ein unbehol­fener Mann. Vom Aussehen her macht er zwar den Eindruck eines Mannes in den besten Jahren, der selbst­bewußt und erfolgs­sicher den Gipfel männlicher Reife erreicht haben könnte. Doch das ist nur Fassade, die er in Anpassung an die zugedachte Rolle vortäuscht. „Hast du dich gut amüsiert, Vater? Du warst sicher der Liebling von allen!“, so empfängt Jim seinen smoking­be­klei­deten alten Herrn auf dem Polizeirevier.

Aber hinter der kinder­stu­ben­artig gepflegten Umgangs­weise des Vaters verbergen sich die weichen, der Mode und öffent­lichen Meinung, vertreten durch seine Frau, ergebenen Züge eines Mannes, der sich in der Großtuerei des an Alter und Erfahrung reichen und auf seinen Sohn stolzen Vaters gefällt und für den die Dinge sind, wie er sie am bequemsten sieht: harmlos.

Dadurch macht er sich von dem Gedanken frei nachzu­geben, ständig geschoben zu werden. Er bezieht im frommen Selbst­betrug die Schein­stellung eines Klügeren, eines Weisen, der nachgibt. In Wirklichkeit beraubt er sich jeder Vitalität und Initiative. Die Umwelt legt – meist in Gestalt seiner Frau – seine Verhal­tens­weisen fest. Schürze und Morgenrock kennzeichnen ihn. Er sitzt schlafend vor dem Fernsehschirm.

Mrs. Stark, Jims Mutter, ist eine pflicht- und standes­be­wußte Frau voller Angst und Sorge. Sobald Jim irgend­etwas angestellt hat, veranlaßt sie einen Umzug der Familie in eine andere Gemeinde, da sie ihr Ansehen verloren glaubt. „Ich verstehe nicht. Man betet für seine Kinder. Man liest, daß solche Sachen in anderen Familien passieren, aber nie läßt man sich träumen, daß es in der eigenen passieren könnte.“ Es ist anzunehmen, daß Mrs. Stark für wahr hält, was sie sich und anderen vorlügt. Denn ihr Streben nach Prestige kann geradezu schon krankhaft genannt werden.

Sie ist der Typus des verlo­genen Menschen, der den zweiten Teil der Devise „Kopf hoch, auch wenn der Hals dreckig ist“ verdrängt hat. Daß sie an ihre eigenen Lügen glaubt, ist daraus zu folgern, daß sie nicht vorsätzlich handelt, sondern in Hingabe an ihre Seinsol­lens­vor­stel­lungen das Tatsäch­liche übersieht, soweit es ihr möglich ist zu entfliehen. Ihre Reden: „Was werden die anderen Jungs machen? Glaubst du, die werden zur Polizei gehen?“, „Warum sollst du allein deinen Kopf rausstrecken?“, „Nein, nein, ich will nicht , daß du zur Polizei gehst. Es waren noch andere dabei. Warum sollst du der einzig Schuldige sein?“.

Aus diesen Worten wird deutlich, daß der Maßstab des eigenen Verhaltens einzig und allein das Verhalten und das Urteil der Umwelt ist. Wenn dieses nicht normkonform ist, ist das eben die Norm für das eigene Verhalten. Damit die Unter­grabung der offizi­ellen Norm Gewicht erhält, muß sie mit Lebens­er­fahrung gestützt werden. „Jimmy, du bist noch sehr jung. Eine falsche Entscheidung kann dir dein ganzes Leben verpfu­schen. In zehn Jahren hast du die Sache vollkommen vergessen.“

Der Schein muß gewahrt bleiben. Die nachsichtige Haltung von Mr. Stark ist dabei von Gefahr. Also muß Mrs. Stark die Zügel in der Familie vollends in die Hand nehmen und ebenso ihren Mann ihren Normvor­stel­lungen unter­werfen. „Mache mir keine Vorschriften!“ Seine Verhal­tens­weise Jim gegenüber wehrt sie ab mit Redens­arten wie „Ach, willst du ihm Vorträge halten? Müssen wir uns jetzt deine Weisheiten anhören?“ Orien­tie­rungs­ho­rizont für das, was man tut und läßt, scheint für Mrs. Stark der Klub zu sein.

Sie pflegt den zu Übertrei­bungen neigenden Jargon jener Damen, die in derlei Insti­tu­tionen ihren Lebensstil up to date zu halten glauben. „Die Polizei hat im Klub angerufen, ich habe mich zu Tode erschrocken.“ „Wenn ich bedenke, daß ich bei deiner Geburt beinahe gestorben bin.“ „Wir haben uns Sorgen gemacht. Erst wollte ich eine Schlaf­ta­blette nehmen, aber ich habe es gelassen, weil du noch nicht da warst.“ Auf diese Weise ist Mrs. Stark ehrlich um Jims Wohlergehen besorgt. 

Jims Großmutter wird nur kurz als spitz- und lügen­züngige Frau vorgestellt.

Jim, der Held des Films

Durch die ausführ­liche Darstellung von Jims Eltern wird der Hinter­grund, werden die Ursachen für die Verhal­tens­weisen ausge­leuchtet, die ihn in Konflikt zu seiner Umwelt geraten lassen. Jims Verhal­tens­weisen sind verwirrend, lassen ihn als jungen Mann, dann wieder als kleinen Jungen, als Sportstyp, als Betrun­kenen, als Liebenden, als Raufbold, als Freund erscheinen. Er trägt sowohl Krawatte und Jackett als auch blue jeans und rote Leder­jacke. Er ist verzweifelt und unwillig aber auch ausge­lassen und zu Späßen aufgelegt. Er trinkt gerne Milch und raucht gerne Zigaretten. Eine Fülle von Verhal­tens­mustern, die deutlich machen, daß Jim nach einer Rolle sucht, die seine innere Spannung löst, die gegen­sätz­lichen Kräfte in ihm zum Ausgleich bringt, ihn erwachsen sein läßt.

In der Annahme, daß die Eltern, vor allem der Vater, von ihrer Rolle her helfen können müßten, sucht er bei diesen Orien­tierung, Vorbild, Rat. Doch er wird enttäuscht. Die Eltern erweisen sich als unfähig, ja gerade als Grund seiner Verwirrung, so daß er eine Lösung außerhalb der Familie sucht. Das ist der Moment, wo er die rote Leder­jacke aus der Wäsche­kommode zieht.

Was Jim am meisten irritiert, ist das Verhalten seines Vaters. „Vater will mir immer Freund sein, aber wie kann er mir etwas bedeuten, wenn er – ich will sagen, ich liebe ihn und achte ihn auch und ich will ihm nicht weh tun, aber dann kann ich – ich weiß nicht mehr ein noch aus, am liebsten möchte ich sterben – wenn er wenigstens den Mur hätte, einmal richtig mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, dann wäre sie vielleicht zufrieden und würde nicht den ganzen Tag auf ihm rumhacken.“ Nur eines ist Jim bewußt in Bezug auf seine Rolle, die er sucht: „Ich möchte niemals so werden wie er!“, nämlich ein „Hasenfuß“.

Was aber möchte er werden? Da er nirgendwo einen Anhalts­punkt findet, experi­men­tiert er. Er spielt den geschickten, mutigen, routi­nierten Messer­stecher und Autofahrer, den gutmü­tigen, hilfs­be­reiten Kameraden, den untade­ligen Jungen aus gutem Hause, den in Aggres­sionen sich abreagie­renden Halbstarken. Erst in der letzten Sequenz beginnt sich eine Lösung abzuzeichnen: Jim und Judy finden einander. Ein mutiger, verant­wor­tungs­be­wußter, gereifter Jim tritt in den Vorder­grund bei dem Versuch, die drohende Gefahr von Plato abzuwenden. Die Zukunft Jims und auch Judys wird in der letzten Szene angedeutet, wenn Jim seinen Eltern Judy vorstellt: „Mutter! Vater! Das ist Judy, wir sind Freunde.“

5.3.2 Judy und ihre Familie

Judy ist die Freundin von Buzz, dem Bandenchef. Zu Hause fühlt sie sich nicht mehr wohl. Sie läuft fort. Schluchzend schüttet sie dem Inspektor von der Polizei ihr Herz aus, als der sie fragt, wieso sie sich nachts noch auf der Straße aufge­halten habe: „Er (ihr Vater) haßt mich. Er sieht mich an, als ob ich ein Ungeheuer wäre. Er haßt auch meine Freunde. Ich kann ihm nie etwas recht machen. Er hat mich ein Frauen­zimmer genannt.“ Aber sie ist sich nicht ganz sicher: „Manchmal glaube ich, daß er es nicht so meint.“ Das verän­derte Verhalten des Vaters ihr gegenüber ist Judy unver­ständlich. Er verwehrt ihr plötzlich, ihn zu küssen. Sie: „Mädchen dürfen ihre Väter nicht lieben? Seit wann? Seit ich sechszehn geworden bin?“

Die Gebor­genheit in Zärtlichkeit und liebe­voller Wahrnehmung, die ihr bisher im Elternhaus zuteil wurde, glaubt sie nunmehr zu entbehren und läßt sie Worte finden wie: „Das ist nicht mein Zuhause. Es kümmert sich nie jemand um mich. Ich gehe nie mehr zurück.“ Judy beginnt die Verhal­tens­weisen einer Erwach­senen auszu­pro­bieren. Sie schminkt sich, auch wenn der Vater ihr den Lippen­stift wieder runter­putzt. Während sie auf die Bande wartet, steckt sie sich eine Zigarette an.

Die Bande ersetzt Judy einiges von ihren Entbeh­rungen und gibt ihr das verlorene Zugehö­rig­keits­gefühl wieder; dennoch ist ihr nicht ganz wohl in dieser Gesell­schaft. Es herrscht dort der unsanfte Ton, wie ihn Jungen von 17/18 Jahren unter­ein­ander pflegen. Judy hat sich dem angepaßt, doch sie muß sich dazu verstellen. Als Jim ihr ihre Unfreund­lichkeit vorwirft, meint sie: „Das Leben macht einen eben so.“

Die Zärtlich­keiten, die sie mit Buzz pflegt, der Begrü­ßungskuß am Morgen, das Schmusen während der Vorlesung im Plane­tarium, die Kußserie vor dem Start zum Hasen­fuß­rennen – all das ist als die Beibe­haltung jener Zärtlich­keiten aus Kinder­tagen zu werten, die ihr der Vater nunmehr verweigert. Diese Zärtlich­keiten werden keineswegs an versteckten lauschigen Plätzen ausge­tauscht, sondern stets im Beisein der gesamten Bande.

Erst als Judy mit Jim in die verlassene Villa geflohen ist, gelangen jene Träume zur Erfüllung, die ihr jenes Glück­gefühl zurück­geben, dessen Schwinden seit der Kinderzeit ihre Verhal­tens­weisen so unaus­ge­glichen und unbere­chenbar machte. Die Szene: Seitwärts im Hinter­grund lodert ein Feuer. Jim und Judy liegen, sich Zärtlich­keiten erweisend, auf dem Fußboden. Judy: „Ich habe immer jemand gesucht, der auch mich liebt. Und nun liebe ich jemand. Und es ist so leicht … Ich liebe dich Jim. Es ist mein Ernst.“

Judys Vater ist Herr im Haus. Von den Verhal­tens­weisen eines 16jährigen Mädchens hat er insofern genaue Vorstel­lungen, als er weiß, was diese nicht tun soll. Auf der einen Seite liebt er es nicht, daß seine Tochter sich Verhal­tens­weisen einer Erwach­senen anzueignen beginnt, anderer­seits ist es ihm nicht recht, daß sie noch – wie er meint – kindliches Verhalten zeigt. Als sie ihm einen Kuß geben will, bevor sie sich an den Mittags­tisch setzt, meint der Vater unwillig: „Was machst du denn da? Du bist zu erwachsen für solche Kinde­reien, Kleines. Ich finde, du solltest das jetzt lassen. Mädchen in deinem Alter tun so etwas nicht.“ Bei einem zweiten Kußversuch erhält sie eine Ohrfeige. Die Zärtlich­keiten, die Papa seiner erwachsen werdenden Kleinen nicht mehr zukommen lassen will, wendet er seinem etwa fünfjäh­rigen Sohn zu.

Judys Mutter erscheint verständ­nisvoll. Sie beruhigt den Vater: „Das gibt sich schon wieder. Es ist das Alter! Wenn aus dem Kind plötzlich eine junge Dame wird.“ Judys kleiner Bruder ist ein Wildfang, dem erlaubt ist, sich so zu benehmen, wie es ihm Spaß macht. Vorlaut und naseweis gibt er seinen Kommentar zum Vater-Tochter-Konflikt: “Ja, das Backfisch­alter!“ Er hat seine Schwester gern. Als sie, noch benommen vom Ausgang des Hasen­fuß­rennens, spät am Abend ins Haus kommt, stürmt er in ihre Arme und begrüßt sie überschwänglich mit: „N‘ Abend liebes Schwes­terchen! Hallo Liebling, Herzchen, Goldene, Süße!“

5.3.3 Plato und sein Zuhause

Platos Eltern bleiben unsichtbar. Sie leben geschieden. Plato erzählt: „Wenn ich nachts in meinem Bett lag, hörte ich, wie sie sich zankten.“ Judy fragt: „Wo ist jetzt dein Vater?“ Plato: „Ach, er ist tot. Er war ein berühmter General.“ Jim: „Hast du mir nicht erzählt, daß er ein großes Tier in Wall Street ist?“ Plato: „Habe ich? Ach, was ist der Unter­schied? Er könnte genauso gut tot sein.“

Plato wird betreut von einer Negerin. Sie ist um ihn sehr besorgt. Autorität hat sie keine. Als Plato mit einem Revolver davon­stürzt, versucht sie das zu verhindern: „Was willst du damit? John leg ihn wieder weg! Leg ihn weg! Du wirst dich verletzen. Du bleibst zu Hause.“ Sie redet in den Wind. Lediglich auf der Polizei­station kann die Negerin durch ihre Auskünfte dem Beamten gegenüber, die häuslichen Verhält­nisse Plato betreffend, ihrem Sorge­be­dürfnis für Plato erfolg­reich Ausdruck verleihen, indem sie das rechte Verständnis plato­scher Handlungs­weisen ermög­licht. Wenn sie auch nichts ändern kann, so weiß sie doch besser wie jeder andere, was Plato fehlt: „Das arme Kind, es hatte niemand. Wirklich niemand.“

John Crawford, mit Spitz­namen Plato, ist klein und schmächtig. Zwar ist er kein Kind mehr, aber daß er jemals erwachsen wird, scheint unwahr­scheinlich in Anbetracht seiner, man könnte sagen, in die Adoleszenz verschleppten Kindheits­de­fekte. Seine 

Eltern dürften zu keinem Zeitpunkt imstande gewesen sein, ihren Sohn zu erziehen, wenn Plato von ihnen erzählt: „… sie haben mich zu einem Klaps­doktor gebracht. Junge, der kramt in deinem Gedächtnis herum. Aber meiner Mutter war er zu teuer, und sie fuhr statt­dessen lieber nach Hawaii.“ Dennoch äußert er die Meinung, schlechte Eltern seien besser als gar keine: „Seitdem ich sie nicht mehr habe, wünsche ich, ich wäre nie weggelaufen.“

Die Verhal­tens­weisen Platos heben sich sehr stark von denen der anderen Jugend­lichen ab. Während Jim und Judy auf der Polizei ihr Herz ausschütten, bleibt Plato vor dem Inspektor der Jugend­für­sorge nahezu stumm. „Mir kann niemand helfen“, läßt er lediglich wissen. Während die anderen Jungen Autos besitzen, fährt Plato einen Motor­roller, der ohne eine Motor­ver­kleidung und in seinen niedlichen Ausmaßen den Eindruck eines Baukas­ten­pro­dukts für 10jährige macht.

Während die anderen Schüler die Projektion des Weltun­ter­gangs in der Vorlesung über das Weltall gelassen über sich ergehen lassen, versinkt Plato schre­ckens­bleich unter seinem Sitz. Das ständige Erleben dieser den Verhal­tens­weisen Gleich­al­te­riger unter­le­genen Anders­ar­tigkeit macht Plato eine Mitglied­schaft in der Bande unmöglich und läßt ihn neidvoll abseits stehen, das Treiben der Bande aus einiger Entfernung neugierig beobachtend.

Als Jim in der Schule auftaucht, macht sich Plato an ihn heran. Jim weist ihn nicht ab, so daß sich ein freund­schaft­liches Verhältnis zwischen den beiden entwi­ckeln kann. Welche Hoffnungen Plato auf diese Freund­schaft setzt, wie er durch sie seinen Zustand bessern will, wird bald deutlich: „Willst du zu mir nach Hause kommen? Aller­dings ist nie jemand bei mir zu Hause. Wenn du mitkommst, unter­halten wir uns noch, und morgen frühstücken wir zusammen wie ich früher mit meinem Vater. Ach wenn du mein Vater wärest!“

Da Jim jedoch die ihm von Plato zugedachte Rolle nicht spielen kann, kommt es zur Katastrophe, sobald Plato in seinen Hoffnungen enttäuscht wird. Bewaffnet mit einer Pistole, schießt er mit Angst­schweiß auf der Stirn und mit zitternder Hand auf jeden, der ihm in den Weg kommt, bis die Polizei seinem Elend ein Ende macht.

5.3.4 Die Schule und die Lehrer

Morgens wird die Fahne hochge­zogen. Ein großes Schul­ab­zeichen ist in den Boden vor der hinauf­füh­renden Treppe einge­lassen. Gänge, ein mit techni­scher Perfektion ausge­stat­teter Projek­­tions-saal im Plane­tarium, dies sind die Eindrücke, die von der Schule vermittelt werden. Personell wird die Insti­tution vertreten durch einen Professor, eine Lehrerin, einen Lehrer und einen Aufseher.

Der Professor erscheint in seiner Kennzeichnung als der Lehrer, der von seinen Schülern genauso weit entfernt ist wie die Sterne, über die er spricht. Mit einem Pfeifchen in der Hand steht er da, als ihn der Aufseher rufen will, weil Buzz und Jim, umringt von der Bande, einander mit Messern etwas „reizen“. „Das sind ihre Hörer!“ – „Ach, das glaube ich nicht“, meint der Professor, tut einen Zug aus seiner Pfeife und verschwindet.

Der Aufseher begibt sich zu den jungen Leuten und versucht sein Glück: „Los! Geht jetzt nach Hause! Los! Verschwindet jetzt!“ – „Ach was hat denn der nette alte Herr?“, begrüßt ihn Judy und tätschelt ihm die Wange. Einer der Jungen beraubt ihn seiner Mütze und setzt sie sich auf: „Achtung! Achtung! Still­ge­standen! Wegtreten!“ Macht‑, hilf- und wortlos läßt der Aufseher die Späße mit sich geschehen.

Ebenso ohnmächtig ist die Lehrerin, die am Ende der Vorlesung sich Aufmerk­samkeit verschaffen will: „Die Klassen versammeln sich draußen am Autobus. Ich bitte um ihre Aufmerk­samkeit. Ach, es hat keinen Zweck.“ Ihre Stimme geht im allge­meinen Gemurmel unter, man schiebt sie zur Seite und drängt nach draußen.

Anders bei dem jungen Lehrer, der das Hinein­gehen in die Schule am Morgen beauf­sichtigt. In erster Linie achtet er darauf, daß niemand auf das Schul­wappen tritt. Bis auf Jim machen alle einen weiten Bogen drumherum. „He, passen sie auf! Können sie nicht sehen? Sie haben auf das Schul­ab­zeichen getreten. Das ist ein stilles Verbot.“ Jim entschuldigt sich.

5.3.5 Die Polizei und ihre Beamten

Eine breite Treppe führt hinauf zur Polizei­station. Der Raum drinnen ist eine von Säulen gestützte Halle. In der Mitte zwischen den Säulen bilden Schreib­tische eine Art Wagenburg. Die einzelnen Büros, an den Seiten gelegen, sind nicht nur mit Glas vonein­ander getrennt, sondern auch durch Maschen­draht. Dieser Dekor beher­bergt jene Insti­tution, die sich den Personen widmet, die der gesell­schaft­lichen Erwartung von der Rolle, die jedweder Person gemäß Alter und Geschlecht zukommt, in einer den Gesetzen wider-sprechenden Weise zuwider handeln.

Die Hüter der Ordnung, die Männer, die die Gesell­schaft dazu bestellt, Menschen unschädlich zu machen, die sich gegen die das mensch­liche Zusam­men­leben regelnden Gesetze vergehen, sind vertreten durch Inspek­toren der Jugend­für­sorge, Sergeanten, den Chief und Offiziere.

Die beiden Inspek­toren der Jugend­für­sorge sind Ray und Gene. Ihre Zivil­kleidung macht im Gegensatz zu den unifor­mierten Beamten schon deutlich, daß ihr Aufga­ben­be­reich nicht in den der üblichen Dienst­an­wei­sungen fällt. Bei den Verneh­mungen der Jugend­lichen ist ihre Haupt­frage: Warum? Sie sind darauf bedacht, die Ursachen für das delin­quente Verhalten der Jugend­lichen heraus­zu­finden. Und regel­mäßig stoßen sie auf die häuslichen Verhält­nisse, das Verhalten der Eltern, das die Jugend­lichen ratlos macht und nach ander­wei­tiger Orien­tierung suchen läßt.

Durch ihre Fragen werden die Jugend­lichen ermuntert, ihr Herz auszu­schütten, wodurch die Beamten zum einen das erfahren, was ihnen die Handlungs­motive erhellt, zum anderen leisten sie damit eine Art erster Hilfe, indem die Jugend­lichen sich Luft machen können.

Mit Worten allein ist es jedoch nicht getan. Ray muß auch seine Fähig­keiten als geschulter Boxer gebrauchen, um Jims plötz­liche Attacke abzuwehren. Als Jim auf dem Boden liegt, meint Ray kamerad­schaftlich: „Deinen Rechten würde ich noch etwas üben.“

Ray zeigt genau jene Verhal­tens­weise, die Jim bei seinem Vater vermißt. Er ist überlegen, verständ­nisvoll, offen und ehrlich. So gewinnt er schnell Jims Zuneigung und Vertrauen. Zum Abschied meint er: “Wenn dir wieder einmal die Galle überläuft, willst du dann mich hier besuchen, bevor du Unheil anstiftest? Auch wenn du dich nur mal aussprechen willst, kommst du einfach hierher und machst deinem Herzen Luft. Das ist sicher manchmal leichter, als wenn du mit deinen Eltern sprichst.“ – „Okay.“

Eine kleine Szene beleuchtet, wie korrekt und untadelig Ray ist. Jims Vater: „Wie wäre es mit ein paar Zigaretten?“ – „Nein, danke. Ich rauche nicht.“ – „So, äh, dann schenken Sie sie ihren Freunden.“ – „Nein, danke vielmals, Mr. Stark.“

Die übrigen Polizei­be­amten werden nur durch Anwei­sungen, Kommandos, Berichte, ihre Uniform charak­te­ri­siert. „He, aufstehen!“, „Vorwärts!“, „Hören Sie auf oder ich werde ungemütlich!“, „Können Sie nicht sehen, daß ich schreibe?“, „Halt, komm her mein Sohn!“. Sie feuern nicht nur Warnschüsse ab, sondern schießen auch scharf.

Sie bedienen Suchschein­werfer, notieren Aussagen, geben per Funk Lagebe­richte – kurz: Sie arbeiten mit der ganzen Apparatur, die man mit der Polizei assoziiert. Sie versehen ihren Dienst pflicht­bewußt, geschult und nicht ohne gelegent­lichen Humor. „Dein Sünden­re­gister druckt nicht mal die Zeitung ab.“

Die Polizei ist die einzige Insti­tution, die ihre Aufgabe voll und ganz erfüllt. Der Zuschauer wird beruhigt: Die öffent­liche Ordnung wird aufrecht erhalten. Auch die Jugend­de­lin­quenz wird erledigt.

5.3.6 Die Bande und ihre Mitglieder

Als der Zufluchtsort der Jugend­lichen, die sich in den anderen Gruppen, denen sie angehören, vor allem der Familie, nicht mehr wohl fühlen, ist die Bande zu bezeichnen, die aus Schülern und Schüle­rinnen der Klasse besteht, in die Jim als Neuling einge­wiesen wird. Die Jungen dominieren in der Bande. Ihre Zugehö­rigkeit tragen sie durch Leder­jacke, Texashemd und blue jeans zur Schau. Ihr Chef heißt Buzz.

„He, was wird gespielt?“ – „Was meinst du Buzz?“ – „Hm, was wollt ihr machen?“ – „Wir müssen ihn (Jim) ein bißchen ducken.“ – „Was werden wir mit ihm machen?“ – Buzz: „Ach, keine Sorge, ich denke mir was aus, was Spaß machen wird.“ Der Chef ist also für die Spiele verant­wortlich. Dazu braucht er Ideen. Die hat Buzz: Messer­spiel, Hasen­fuß­rennen. Er ist stets der Star seiner Spiele und zeigt Sinn für Zeremoniell.

Seine Start­vor­be­rei­tungen beim Hasen­fuß­rennen zeigen das: Von Judy läßt er sich Sand anreichen, um damit Lenkrad und Hände trocken zu reiben, obwohl die Rennstrecke schnur­gerade ist. Dann küßt er Judy auf Nase, Stirn und Mund. Schließlich, nachdem er sich in seinem Sitz zurecht gerutscht hat, holt er einen Kamm hervor und kämmt sich. Mit dem Kamm zwischen den Zähnen erwartet er das Startzeichen.

Sekun­diert wird Buzz von Crunch: „Nur mit der Ruhe. Überlaßt es nur ihm!“ Beim Hasen­fuß­rennen gibt er die Anwei­sungen für die Aufstellung der Bande. Nach dem für Buzz tödlichen Rennen bleibt unter seiner Führung noch eine Restbande bestehen. Aber Crunch betreibt die „Spiele“ zu ernst, er hat nicht das überlegene Starbe­wußtsein, das Buzz zur Schau trug. Dieser hätte sich wohl kaum mit einem Schwächling wie Plato eingelassen. 

Crunch zielt zwar auch auf eine Ausein­an­der­setzung mit Jim, schon aus Rache­ge­fühlen wegen Buzz‘ Tod, aber er bekommt Jim nicht einmal zu sehen. Statt­dessen wird die Ausein­an­der­setzung mit Plato für ihn fast zum Verhängnis. Nach Crunchs Verwundung löst sich die Restbande auf.

Von den Mädchen der Bande ist nur Judy deutlich charak­te­ri­siert. Die übrigen Banden­mit­glieder sind durch ihre äußere Erscheinung, wie oben erwähnt, gekennzeichnet.

Die einzelnen Gruppen und ihre Mitglieder

Großmutter                                       kleiner Bruder

    Mutter                                 Mutter

         Vater          Negerin          Vater

             Jim        Plato        Judy

 

                     Buzz

                     Crunch

                     Moose

                     Goon

                     Johnny

                     Jungen

                     Mädchen

 

             Inspektor Ray    Professor

         Inspektor Gene           Lehrer

       Chief                         Lehrerin

    Offiziere                            Aufseher

5.4 Aktionen und Konflikte
innerhalb der einzelnen
Gruppen

Die Sequenzen 1, 3 und 6 stellen die Verhält­nisse in Jims Familie, 3 und 5 in Judys Familie, 4 das Treiben in der Bande dar.

Jims Familie

  1. Sequenz

Auf der Polizei­station erhält Inspektor Ray eine Kostprobe von der Art und Weise, wie die Starks, Vater, Mutter, Großmutter und Jim derzeit mitein­ander zu verkehren pflegen. Mutter: „Eben hast du gerade gesagt, er kann ruhig mal einen Schnaps trinken.“ Großmutter: „Er hat Schnäpschen gesagt.“ Jim brüllt: „Ihr macht mich alle verrückt. Du sagst etwas, er sagt wieder was anderes, und dann will es keiner gewesen sein.“ Mutter: „Das ist ein feines Benehmen.“ Großmutter: „Hm, du weißt, nach wem er geraten ist.“ Mutter: „Willst du bitte endlich …“ Großmutter: „Ach, tue nur nicht so, als ob du nicht wüßtest, um was es sich handelt. Das ist nicht das erste Mal.“ Ray meint zu Jim: „Gemütlich scheint es bei Euch zu Hause nicht zu sein.“

  1. Sequenz

Jim ist unschlüssig, ob er zum Hasen­fuß­rennen fahren soll oder nicht. Er fragt seinen Vater: „Nimm an, du müßtest etwas tun, du müßtest irgendwo hingehen … und etwas tun, was sehr gefährlich ist, aber deine Ehre steht auf dem Spiel und du willst sie retten, was würdest du tun?“ Jim möchte eine klare Antwort, doch sein Vater weicht aus, warnt vor überstürzten Entschlüssen und erklärt, in zehn Jahren sähe alles ganz anders aus.

  1. Sequenz

Jim ist vom Hasen­fuß­rennen nach Hause zurück­ge­kehrt. Unbemerkt von seinem Vater, der schlafend im Sessel vor dem Fernseher sitzt, hat er sich aufs Sofa gelegt: die Füße oben rechts auf der Rücken­lehne, den Kopf links unten knapp über dem Boden. Mrs. Stark hat Jim kommen hören und eilt die Treppe hinunter, die vom Wohnzimmer in den ersten Stock führt.

Jim sucht wie immer Rat: „Kann ich mit euch sprechen? Ich muß mit jemand sprechen. Vater! Diesmal mußt du mir eine Antwort geben.“ Als Jim den Hergang des Hasen­fuß­rennens erzählt hat, erklärt er: „Ich gehe jetzt zur Polizei und sage, daß ich in die Sache von heute Abend verwi­ckelt bin.“ Aber seine Eltern, insbe­sondere seine Mutter, wollen das nicht zulassen. Indem sie ihn an seine Jugend erinnern, ihm vorhalten, daß die anderen Betei­ligten sich auch nicht freiwillig der Polizei stellen werden, daß es genüge zu wissen, daß man einen Fehler gemacht hat, versuchen sie, Jim von seinem Vorsatz abzubringen, jedoch ohne Erfolg.

Jim wird immer verzwei­felter und stürzt sich am Ende der Szene auf seinen Vater und brüllt, den auf dem Boden liegenden würgend, an: „Sei ein Mann!“ Dann springt er auf, tritt in ein an der Seite stehendes Porträt seiner Mutter, so daß es in Fetzen geht, stößt die Veran­datür auf und stürmt davon.

Judys Familie

Am Mittags­tisch kommt es zu einer Ausein­an­der­setzung zwischen Judy und ihrem Vater. Wie in Kinder­tagen will Judy ihrem Vater einen Kuß geben. Als der Vater ihr dies verwehrt, reagiert sie trotzig und läuft schließlich aus dem Zimmer.

  1. Sequenz

Als Judy nach dem Hasen­fuß­rennen nach Hause kommt, wird sie von ihrem kleinen Bruder stürmisch begrüßt. Die Tür zum Schlaf­zimmer ihrer Eltern steht offen. Diese sind zwar schon zu Bett gegangen, aber offen­sichtlich wollten sie noch wach bleiben, bis Judy nach Hause käme.

Das Hasen­fuß­rennen der Bande

  1. Sequenz

Schau­platz ist das Millertown-Kliff, ein Plateau, das steil in einen Abgrund abbricht, in dessen Tiefe Wasser flimmert. Es ist dunkel.

Buzz gibt schon am Mittag die Anwei­sungen für die Vorbe­reitung: „Du und Moose, besorgt euch ein paar Wagen, und dann werden wir uns heute Abend um acht Uhr ein bißchen amüsieren.“

Die Bande ist bereits versammelt, als Jim vorfährt. Buzz begrüßt ihn. Er erklärt Jim den Verlauf des Rennens: „Sie (Judy) gibt das Zeichen; wir fahren auf den Abgrund los und der erste, der aus dem Wagen springt, ist der Hasenfuß.“ Er zeigt Jim die Rennstrecke, zeigt ihm den Abgrund. Jim wirft einen Stein hinunter. Buzz meint: „Das ist das Ende.“

Dann werden die Wagen verlost. Man tut einen Blick unter die Motor­haube. Jim probiert die Türe, setzt sich hinter das Steuer und wirft sich probe­weise hinaus. Die beiden Rennfahrer gehen nochmals an den Abgrund. Jim steckt sich eine Zigarette an. Schließlich gehen sie zurück zu den Wagen, klappen die Motor­hauben herunter und fahren die Wagen rückwärts an den Startplatz.

Während nun die Rennfahrer, insbe­sondere Buzz, ihre Vorbe­rei­tungen treffen, gibt Crunch Anwei­sungen für die Aufstellung der Bande. „Alle zurück­treten! Ihr Mädels stellt euch alle da drüben auf!“ „He, hört mal! Geht alle ganz nach oben und holt eure Wagen und stellt sie drüben auf die rechte Seite!“ Zu anderen: „Holt eure Wagen und stellt sie auf die linke Seite. Beeilt euch! Vorwärts!“ „Kümmere dich um die da drüben! Sage ihnen, wenn sie Licht machen sollen! Johnny, du fährst hinter dem dunklen Roadster her da drüben.“

Nachdem alle Vorbe­rei­tungen abgeschlossen sind, stellt sich Judy in der Mitte der Rennbahn auf und komman­diert: „Schein­werfer an!“ Im vollen Licht der Schein­werfer reckt sie die Arme hoch und läßt sie dann zum Start­zeichen herun­ter­fallen. Die beiden Wagen brausen los, rechts und links an Judy vorbei, sie in eine Staub­wolke hüllend.

Jim gelingt es, sich kurz bevor die Wagen über den Rand des Abgrunds schießen, aus dem Wagen zu werfen. Buzz verfängt sich mit seiner Ärmel­schlaufe am Türgriff und stürzt ab. 

Dieses Rennen ist perfekt arran­giert. Es birgt Gefahr und ist voller Spannung. Hier kann ein Junge Mut, Geschick­lichkeit und Reakti­ons­ver­mögen zeigen. Es ist die Aufgabe, die als Prüfung zur Aufnahme in die Bande gestellt wird.

5.5 Die Verflechtung der Gruppen
und einzelner Gruppenmitglieder
mit anderen Gruppen

Jims Familie, Judy und Plato bei der Polizei

  1. Sequenz

Wegen Trunkenheit haben Polizei­beamte Jim – er liegt in einer Szene des Films auf der Straße und bemüht sich, einen Garten­zwerg in Zeitungs­papier zu verpacken – auf die Polizei­station gebracht. Man hat seine Eltern kommen lassen, damit sie ihn mit nach Hause nehmen. Inspektor Ray  hört sich die Strei­terei der Familie Stark eine Zeit lang an, dann nimmt er Jim mit in sein Büro, um sich mit ihm allein unter­halten zu können.

Bevor Jim an die Reihe kam, saß Judy in Rays Büro. Aus Rays Fragen geht hervor, daß man sie zur Polizei­station gebracht hat, weil sie sich als Jugend­liche noch nach Mitter­nacht allein auf der Straße aufhielt. Nachdem sie unter Tränen und Schluchzen ihr Herz ausge­schüttet hat, veranlaßt Ray, daß sie von ihrer Mutter abgeholt wird.

Mit Plato beschäftigt sich Inspektor Gene. Plato wird von der Negerin begleitet. Er ist bei der Polizei, weil er junge Hunde erschossen hat.

In der Schule

  1. Sequenz

Darge­stellt wird das Verhalten der Banden­mit­glieder als Schüler im Schul­be­trieb. Als Neuling an der Schule ist Jim dabei. Im Plane­tarium spricht der Professor über das Universum: „So erkennen wir die Unermeß­lichkeit des Universums. Lange vor dem Ende unserer Erde werden die Menschen am nächt­lichen Himmel einen außer­ge­wöhn­lichen Stern bemerken, der immer strah­lender wird und sich langsam auf die Erde zu bewegt.“

Jim kommt herein und stellt sich der Aufsicht habenden Lehrerin vor.

„Wenn dieser Stern sich uns nähert, werden sich die Lebens­be­din­gungen auf unserem Planeten verändern.“ Vom Schaltpult aus dirigiert der Professor die riesige Rundpro­jektion, die das Gesagte illus­triert. Und während er auf den Weltun­tergang lossteuert, gibt Buzz bekannt: „He, ich bin ein Krebs.“ Jim stößt wiederholt ein „Muh“ aus als Beitrag zum Sternbild des Stier. Die Schüler schwätzen, kichern, gähnen. Als mit Krachen und Farben­tumult, Blitzen und Donnern der Weltun­tergang angedeutet wird, zupft Buzz gelang­weilt Judy am Ohrläppchen.

Nur Plato hat den Weltun­tergang nicht überstanden. Er hat sich unter der Stuhl­reihe verkrochen.

Die Projektion erstrahlt wieder wie zu Beginn. Der Professor schließt: „Und wieder wird das Himmelszelt ruhig und kalt sein. Bei der Unermeß­lichkeit des Weltalls wird unsere Erde nicht vermißt werden. Sollten wir da nicht Einkehr halten! Müssen wir da nicht Einkehr halten! Müssen uns unsere mensch­lichen Probleme nicht als unbedeutend und naiv erscheinen?“

Als Plato wieder auftaucht, meint er zu Jim: „Was weiß der schon von mensch­lichen Problemen!“ 

Nach der Vorlesung bleiben die Schüler der Bande noch beisammen. Sie entdecken Jims Auto, lehnen sich dagegen, setzen sich auf die Kotflügel. Buzz holt ein Klapp­messer hervor, läßt es aufspringen und ritzt damit den Vorder­reifen an. Schließlich stößt er das Messer bis zum Schaft hinein, so daß das Rad im Nu platt gesetzt ist.

Alle warten gespannt auf Jims Reaktion. Dieser möchte eine Ausein­an­der­setzung vermeiden. Doch als Buzz seinen schwachen Punkt mit dem Wort „Hasenfuß“ berührt, läßt sich Jim auf das „verrückte Spiel“ ein, wie Buzz einen Messer­kampf nennt. Der Kampf, in dem Jim jederzeit der Überlegene ist, wird abgebrochen. Sie verab­reden sich für den Abend am Millertown-Kliff.

Die Jugend­bande beim Hasenfußrennen

  1. Sequenz

Buzz zeigt für Jim Sympathie. Er gibt zu erkennen, daß er das Hasen­fuß­rennen eher als einen sportlich freund­schaft­lichen Zeitver­treib sieht, denn als Ausein­an­der­setzung mit einem zu schla­genden Gegner. Buzz zu Jim: „Weißt du was? Du gefällst mir. Glaubst du das?“ Jim: „Warum machen wir das dann?“ Buzz: „Hm, irgendwas muß man doch machen, nicht wahr?“

Aktion der Restbande

  1. Sequenz

Crunch hat die Sympathie seines Chefs für Jim nicht bemerkt. Durch ein kurzes Zusam­men­treffen mit Jim vor der Polizei­station wird er dazu angetrieben, Jim mit Goon und Moose nachzustellen.

  1. Sequenz

Nach dem Tod von Buzz stellt die Restbande unter Crunch Plato nach, überfällt und verprügelt ihn, um an Jims Adresse zu kommen.

  1. Sequenz

Die Restbande will Jim treffen. Dazu veran­staltet sie im Vorgarten der Familie Stark allerlei Spektakel. Ängstlich tut Mr. Stark auf Drängen seiner Frau einen Blick vor die Tür. „Wer, wer ist da draußen?“ Moose: “Wo ist Ihr Sohn, Pappi?“ Goon: „Wo ist der kleine Bubi, Pappi?“ Crunch: „Wir wollen ihn sprechen.“ Mr. Stark: „Er ist nicht hier.“

  1. Sequenz

Die Restbande stöbert Plato wieder auf. Der setzt sich mit seiner Pistole zur Wehr und verletzt Crunch. Die Restbande verschwindet aus dem Film.

Polizeiende

Plato wird von der Polizei verfolgt. Jim und Judy eilen ihm nach, um ihn zu retten. Jims Eltern sind zusammen mit Inspektor Ray unterwegs zum Handlungsort. Die Polizei­aktion endet mit der Erschießung Platos.

5.6 Eine sich bildende Gruppe

Der Film stellt nicht nur Gruppen vor, die sich bereits vor Filmbeginn konsti­tuiert haben, sondern läßt auch während des Handlungs­ver­laufs eine Gruppe entstehen: Jim – Judy – Plato. Schon die erste Sequenz enthält Andeu­tungen. Jim bietet dem frierenden Plato sein Jackett an. Judy entfällt in Rays Büro, von ihr unbemerkt, ihr Zigaret­tenetui. Als Jim wenig später in denselben Raum kommt, steckt er es ein.

Gleich am nächsten Morgen, zweite Sequenz, trifft Jim auf Judy, die in seiner Nachbar­schaft wohnt. Sie ist kurz angebunden. Später, als sie sich von der Bande gelöst hat, erklärt sie zu diesem Verhalten: „Du darfst nie glauben, was ich sage, wenn ich mit der Bande zusammen bin. Niemand ist da aufrichtig.“ In der Schule nähert sich Plato Jim und warnt den Neuen vor der Bande.

In der vierten Sequenz sagt Plato über Jim zu Judy, als diese ihn auf Jim hin anspricht: „Er sagt nicht viel, aber wenn er was sagt, dann meint er es auch. Er ist aufrichtig. Vielleicht nimmt er mich nächsten Sommer zur Jagd mit und zum Fischen. Ich möchte, daß er es mir zeigt. Denn er wird nicht böse werden, wenn ich mich dumm anstelle.“

Plato ist demzu­folge von Jim nicht abgewiesen worden, so daß sich eine Freund­schaft angebahnt hat, was der Film jedoch nur in den oben wieder­ge­ge­benen Sätzen zu verstehen gibt.

In der fünften Sequenz, nach dem Hasen­fuß­rennen, fahren Jim, Judy und Plato in Jims Auto stumm nach Hause. Judy ist schon ausge­stiegen, als Jim sie nochmal zurückruft, um ihr das Zigaret­tenetui zu geben, welches sie in Rays Büro hatte liegen lassen. Plato lädt Jim zu sich nach Hause ein, was Jim jedoch ablehnt.

Als Jim in der siebten Sequenz von der Polizei­station zurück­kommt, trifft er Judy, auf der Garten­mauer sitzend. Nachdem sie sich eine Zeit lang unter­halten haben, meint Judy: „Wir können nicht hier bleiben.“ Jim zu seinem Zuhause: „Eins weiß ich, in dieses Irrenhaus gehe ich nicht mehr zurück.“ Judy, auf ihr Elternhaus deutend: „Ich gehe nie mehr zurück.“ Jim: „Hör zu, ich habe einen Plan. Plato hat mich drauf gebracht. Ich kenne eine alte verlassene Villa. Willst du mit mir dort hingehen? Du kannst mir trauen, Judy.“ Sie nickt.

Kurz nachdem Jim und Judy in die Villa einge­drungen sind, zehnte Sequenz, kommt Plato dazu. In der folgenden Szene spielt Plato den Hausbe­sitzer, Jim und Judy ein junges Paar. Plato mit einem Kerzen­leuchter in der Hand: „Na, wie findet ihr mein Schloß?“ Jim: „Toll!“ Judy: „Schick, großartig, toll!“ Jim: „Tja, nun, ich denke, wir werden es für den Sommer nehmen. Ach, möchtest du es mieten oder hättest du Lust, es zu kaufen, Liebling?“ Judy: „Wie du willst, Liebling. Aber denk an unser Budget!“ Jim: „Ach, darüber mach dir keine Sorgen!“

Plato: „Es ist sehr preiswert. Für drei Millionen Dollar pro Monat ist es zu haben.“ Jim: „Nicht mehr?“ Judy: „Das können wir schon aufbringen. Wir sparen und halten das Geld zusammen, und ich arbeite mir die Finger blutig.“ Jim: „Wir sind nämlich jung verhei­ratet.“ Judy: „Ach, nur noch eines, wie ist es mit den …?“ Plato: „Kindern? Hier lang, bitte. Sehen Sie, wir vermieten nicht gern an Leute mit Kindern. Sie sind so laut und machen viel Ärger. Finden Sie nicht?“ Judy: „Ach ja, und so furchtbar störend, wenn sie weinen. Weißt du es Liebling?“ Jim: „Ertränk sie wie junge Katzen!“ Plato: „Wie Sie sehen, ist das Kinder­zimmer … na ja, weit weg von den übrigen Räumen. Und für die Kinder – eine großartige Lösung. Sie können hier machen, was sie wollen, und Sie merken sie nicht einmal. Wenn Sie sie hier einschließen, sehen Sie sie nicht einmal. Geschweige, daß Sie mit ihnen sprechen.“ Judy: „Mit ihnen sprechen?“ Jim: „Niemand spricht mit Kindern.“ Judy: „Nein, man befiehlt ihnen nur.“

Nach diesen Reden fallen die drei aus der Rolle und tollen wie Kinder durch die Villa. Schließlich wirft sich Judy außer Atem auf eine Liege. Jim kommt dazu, und Plato legt sich auf den Boden vor die beiden. Sie unter­halten sich noch ein wenig. Plato erzählt von seinen Eltern, dann schläft er ein, während Judy summt: „Guten Abend, gute Nacht.“ Nach einer Weile machen sich Jim und Judy zu einer „Entde­ckungs­reise“ durch die Villa auf. Sie decken Plato mit seiner Jacke zu und nehmen sich jeder eine Kerze aus dem Leuchter. Wenig später sieht man die beiden zu roman­ti­scher Musik, auf dem Boden liegend, in einer Liebesszene.

Noch einmal kommen Jim, Judy und Plato zusammen, als Plato ins Plane­tarium geflüchtet ist und Jim versucht, ihn aus dem dunklen Gebäude heraus­zu­holen, während Judy wartend am Eingang hockt. Jim tastet sich in den Projek­ti­onssaal vom Morgen. „Plato? Bist du hier? Du bist mein Freund, Plato. Ein Freund bedeutet etwas für mich. – Hast du ein Streichholz? Man bricht sich ja das Genick hier.“

Während dessen ist Jim an die Schal­terwand gelangt und bedient alle Knöpfe und Hebelchen, um das Licht anzumachen. Statt­dessen erstrahlt die Projektion vom Morgen und die Welt geht nochmal unter. Plato, noch immer in seinem Versteck: „Jim, glaubst du die Welt wird nachts unter­gehen?“ – „Nein, bei Morgen­grauen.“ Dann wird Jim energisch: „Warum versteckst du dich? Warum kommst du nicht raus? Wie soll ich mit dir sprechen, wenn ich dich nicht sehe? Plato! Komm schon, steh auf! Warum machst du das mit mir?“ Plato steht auf: „Warum seid ihr mir wegge­laufen?“ – „Wir sind dir nicht wegge­laufen. Wir wären gleich zurück­ge­kommen, das weißt du auch.“ – „Ist das wahr?“ – „Das stimmt, ganz bestimmt. Judy ist hier. Sie wartet. Komm!“

Aber Plato will nicht. Erst nach und nach gelingt es Jim, sein Vertrauen zu gewinnen. „Diese Leute, die da draußen, die wollen alle, daß dir nichts passiert. Verstehst du das? Sie wollen, daß dir nichts zustößt. Doch als die drei nach draußen treten, flammen die Schein­werfer der Polizei auf und Plato mit seinem Revolver in der Hand, aus dem Jim jedoch das Magazin heraus­ge­nommen hat, verliert den Kopf.

5.7 Die dramaturgische Gestaltung
des Stoffs

In den beiden ersten Sequenzen werden bis auf Judys Eltern die Personen aller Gruppen exponiert. Die erste Sequenz stellt den Helden Jim, seine Familie, sowie Judy und Plato, die Inspek­toren Ray und Gene auf der Polizei­station vor. Damit wird das Thema aufge­rissen: Jugend­de­lin­quenz. Als Ursache wird sowohl Überor­ga­ni­sation als auch Desor­ga­ni­sation der Familie dargelegt. Nachdem die Haupt­per­sonen Jim, Judy und Plato in den Verhören erzählt haben, wie es mit ihnen steht, werden sie gleichsam in die Handlung entlassen.

Die zweite Sequenz zeigt in Fortführung der Exposition die Jugend­lichen in einer für die Zuschauer normalen Situation. Aber schon bald zeichnet sich in der Darstellung von Lehrern und Schülern unter letzteren das Phänomen der „Jugend­be­wegung“ von heute ab: die Bande. Zu der wird Jim, der Neuling am Ort, in Konflikt gesetzt. Die Exposition endet mit einer ersten Ausein­an­der­setzung zwischen Jim und der Bande.

In der dritten Sequenz wird den Ursachen der jugend­lichen Verhal­tens­weisen nachge­gangen. Sie bereitet die Ausspielung des zweiten Konflikts vor, in dem der Held steht: die Ausein­an­der­setzung Jims mit seinen Eltern. Darauf folgt der erste Höhepunkt des Films, der jedoch keinen Konflikt­cha­rakter hat, da zwischen den beiden Exponenten der vierten Sequenz, Jim und Buzz, sich Sympathie anbahnt. Dadurch erhält der erste Höhepunkt einen formalen Charakter.

Um aber den Konflikt zwischen Jim und der Bande nicht durch die Integration Jims in die Bande aufzu­heben, wird Buzz aus der Handlung genommen. Auf diese Weise wird die Situation der Haupt­per­sonen in ihrer darge­stellten psycho­lo­gi­schen Not noch gesteigert: Der Weg über die Bande zu einem Ausgleich der inneren Spannung zu kommen, wird als Irrweg gekennzeichnet.

Dagegen zeigt die darauf folgende kurze fünfte Sequenz den Perso­nen­kreis auf – Jim, Judy und Plato – in dessen Zusam­men­finden später die Auflösung der Konflikte darge­stellt wird.

Nach der Atempause der fünften Sequenz bringt die sechste Sequenz den zweiten Höhepunkt, der sich affekt­ge­laden bis zu tätlicher Aggression von Seiten Jims steigert. Der Konflikt zwischen Jim und seinen Eltern wird auf die Spitze getrieben und läßt auch diesen Weg als eine Lösung für Jims Situation nicht zu. Die Lösung bahnt sich dann in der siebten Sequenz an.

Nachdem zunächst auch Inspektor Ray für eine Lösung von Jims Problem ausfällt, da er auf der Polizei­station nicht anzutreffen ist, begegnen sich Jim und Judy. Jim wird im weiteren Verlauf der Handlung nunmehr heraus genommen. Die achte und die neunte Sequenz zeigen zwar, daß die Restbande die Konfron­tation mit Jim sucht, aber Plato wird vorge­schoben, so daß Jim unbehelligt bleibt. 

Der Konflikt zwischen Plato und der Bande führt zur Auflösung der Bande in der zehnten Sequenz und wechselt in direktem Übergang in einen Konflikt zwischen Plato und der Polizei.

Kontras­tiert wird dieser Konflikt durch die Darstellung der gefun­denen Harmonie bei und zwischen Jim und Judy, die aus dieser Position heraus versuchen, den für Plato bedroh­lichen Konflikt zu lösen. Dieser Konflikt wird jedoch als ein nur durch den Tod Platos aus der Welt zu schaf­fender darge­stellt. Der Konflikt zwischen Jim und seinen Eltern wird für Jim durch das Finden Judys hinfällig: Er stellt sie seinen Eltern vor und geht mit ihr aus dem Bild.

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