Splitter und Balken
Miese Stimmung – und wie man ihr entgegenwirkt
Schlechte Stimmung, Streit und Seelenschäden entstehen durch fahrlässigen und abträglichen Umgang mit sich selbst und anderen. Ob in der Firma oder Zuhause: Fahrlässigkeit ist erkennbar an den falschen Erwartungen, die an das eigene wie an das Verhalten anderer geknüpft werden. Abträglicher Umgang sich selbst gegenüber zeigt sich in zwanghaftem Verhalten; anderen gegenüber in den absichtsvoll angewendeten Methoden, seine Mitmenschen zu manipulieren.
Der Hang zur Selbstgefälligkeit ist die Ursache vielen Fehlverhaltens. Der Splitter im Auge des anderen wird gesehen, der Balken im eigenen Auge nicht. Das führt zu falschen Erwartungen. Man ist nicht fähig, den Standpunkt und die Sichtweise des Kollegen oder des Vorgesetzten, des Partners, Verwandten oder Freundes zu erkennen, nachzuvollziehen oder nachzuempfinden – geschweige denn, sich in ihn hineinzuversetzen. Ändern sollen sich die anderen. Sich selber findet man in Ordnung.
Aus der Reflektion des spontanen Verhaltens, des eigenen wie das der anderen, gewinnt man die Ansatzpunkte, um an die Ursachen mieser Stimmung heranzukommen. Was wollte ich denn eigentlich? Was war der Anlass? Welche Gefühle waren im Spiel? Hatte ich schlechte Laune? Brauchte ich Aufmerksamkeit? Lob? War ich unsicher und brauchte Hilfe? Und wie hat das meine Kommunikation beeinflusst? Warum habe ich gereizt reagiert? Was hat mich verletzt? Was provoziert? Was gefiel mir nicht?
Die Analyse beginnt bei der Kommunikation: Was wurde gesagt? Liegt ein Missverständnis vor? Habe ich gesagt, was ich sagen wollte? Wurde verstanden, was ich sagen wollte? Wer hat was verstanden? Das Was des Gesagten ist zu klären: Welche Worte wurden gebraucht? Wurden andere Worte gehört, als die, die gesagt wurden? Und dann – ganz wichtig: Wie wurden die Worte gesagt? In welchem Ton? Mit welcher Körpersprache? Wie sollten sie rüberkommen? Wie sind sie rübergekommen?
Rechtzeitig und wohlwollend miteinander reden
Diesen Fragestellungen muss so früh wie nur möglich nachgegangen werden. Denn sonst wächst sich die Situation aus: Ich bin sauer und ziehe mich zurück. Man merkt’s: Ist etwas? Ich leugne, weil ich meine Gefühle nicht zeigen will. Die miese Stimmung verfestigt sich, weitet sich aus: leise Vorwürfe, Mahnungen, Vorhaltungen, Drohungen. Die Gefühle beherrschen die Situation. Wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Erpressung: „Wenn ich dir etwas bedeuten würde …”.
Solche Entwicklungen, die unser Leben vermiesen und – zum bitteren Ende getrieben – sogar ruinieren können, sind abwendbar. Dazu gehören Regeln, die vorsorglich vereinbart werden, beispielsweise ein deutliches und klares Stoppzeichen, das jeder Beteiligte geben darf, bevor es zu weiterer Rede und Gegenrede kommt. Die Eskalation – leugnen, lügen, kontern, auf andere zeigen und so weiter – muss verhindert werden, bevor es kein Zurück mehr gibt. Krieg, Kündigung, Scheidung müssen vorausschauend verhindert werden!
Sie werden nicht verhindert, wenn aus einem reinigenden Gewitter nicht Konsequenzen gezogen werden, sondern es im Verhalten und in der Kommunikation so weiter geht wie vorher. Jeder Beteiligte muss sich Verhaltensziele aufgrund der Lehren setzen, die er aus der Krise gezogen hat. Oben an stehen sollte die Verbesserung der Artikulationsfähigkeit. Das lässt sich spielerisch zu einer ständigen Übung machen. Wenn dann noch der richtige Ton dazu kommt, gerät man erst gar nicht in die Teufelskreise hinein.