“Richtig” und “falsch” als Handlungsmaximen
Von klein an hat man uns darauf gestoßen, dass es „richtig” und „falsch” gibt. Dreieckige Klötzchen gehen nur durch ein dreieckiges Loch, viereckige durch ein viereckiges und runde durch ein rundes. Und so setzte sich das fort: Bei „richtig gemacht” Lob, bei „falsch gemacht” Tadel oder gar Strafe. Viele Spielregeln sind auf der Unterscheidung von „richtig/falsch” aufgebaut. Quizsendungen funktionieren so. Aber: Das Leben ist viel komplizierter.
Das Leben hat eine Fülle von Schattierungen, ist bunt. In der Kindererziehung ist deshalb neben das „entweder/oder” im Laufe der Jahre mehr und mehr das „sowohl als auch” zu vermitteln. Das heißt: beobachten, analysieren und relativieren lernen; erkennen, dass Licht- und Schattenseiten zusammengehören, dass man ein und dieselbe Sache unterschiedlich sehen kann, dass kein Mensch nur böse oder nur gut ist.
In Unternehmen muss gehandelt werden. Was zählt ist der Erfolg. Um den zu haben, werden Ziele gesetzt. Damit klar wird, ob diese erreicht worden sind, werden Kriterien festgelegt. Es wird kontrolliert, diagnostiziert und prognostiziert. Zur Entscheidungsfindung werden Szenarien entworfen. Ständig wird entwickelt und verbessert. Kundenwünsche versucht man bis in die Nuancen zu erfüllen, beispielsweise bei den Autos. Würden wir auch nur einen Teil dieses unternehmerischen Aufwands in adäquater Form bei uns selber betreiben, uns selber als Unternehmen verstehen, das es fortwährend zu verbessern gilt – ganz neue Ufer kämen in Sicht.
Selbstverbesserung ist ein unablässiger Prozess, bei dem es um intellektuelle Fähigkeiten und um den das Verhalten steuernden Charakter geht. Befreien muss man sich von unreflektierten Milieueinflüssen, von Vorurteilen, von den verführerischen Einflüsterungen des Zeitgeistes, von den Manipulationen der Demagogen, vom bequemen Schubladendenken. Statt dessen: erkennen, durchschauen und beurteilen des Umfelds, der Zeitläufe; die Teilaspekte zu einer wirklichkeitsnahen Gesamtschau zusammenfügen, Ursachen und Wirkungen zuordnen. Anders lässt sich Komplexität nicht erfassen und mitgestalten. Oder wollen Sie Ihr Leben dem „falsch” und „richtig” wie beim Lotto überlassen?