Paul Halbe

Die Erfüllung unserer Freiheit

Als seine Kinder hat Gott uns ihm ähnlich, nicht als ihm gleich geschaffen. Wir sind unvoll­kommen. Er hat uns aber Herz und Verstand, Kraft und Willen sowie Freiheit gegeben, so dass wir unser Leben entspre­chend seinen Lehren verstehen und gestalten können. Durch die Pforte des Todes können wir in sein Reich der ewigen Glück­se­ligkeit gelangen.

Wegen unserer Unvoll­kom­menheit hat Gott uns Freiheit gegeben. Denn nur aufgrund unserer Freiheit können wir uns auf Gottes Vollkom­menheit hin verbessern. Wir sind nicht wie andere Geschöpfe Gottes kondi­tio­niert. Wir sammeln Erfah­rungen und können diese nutzen, um Einsichten für unsere Lebens­ge­staltung zu gewinnen.

Unsere Freiheit wird uns bei unserer Zeugung von Gott zuteil. Als Mann und als Frau sind wir an der Schöpfung des Menschen durch Gott beteiligt. Unsere Freiheit kann uns niemand nehmen. Man kann uns auf die grausamste Weise unter­drücken. Die ersten Christen gingen als freie Menschen, die sich dem römischen Kaiser als Gott verwei­gerten, in den Tod.

Die verdreckste Freiheit

Als das Chris­tentum Jahrhun­derte später Staats­re­ligion wurde, entwi­ckelte es sich zu einem Herrschafts­system nach den Vorgaben weltlicher Ausübung von Macht. So wurden im Krieg unter­worfene Völker Christen. Der Herrscher bestimmte die Religion. Zu einem eigenen Herrschafts­system hat sich die römisch-katho­­lische Kirche entwi­ckelt. Unabhängig von weltlicher Herrschaft.

Als ihr eigenes Herrschafts­system verur­sachte „die Kirche“ immer wieder Abspal­tungen. Denn auch sie kann dem Menschen nicht seine Freiheit rauben. Heute kann sie über „das Volk Gottes“ nicht mehr autoritär herrschen. Wer jedoch nicht mit Überzeu­gungs­kraft zu führen vermag, sondern nur mit Befehl und Gehorsam steht da wie ein Herrscher ohne Volk.

Die Zukunft der Kirche hängt davon ab, ob sie ihre Sündhaf­tigkeit einge­steht und in Bußfer­tigkeit glaubhaft macht. Ob sie zu einer Lehre findet, die selbst ein Kind versteht, ist fraglich. Nur wenigen der nur noch wenigen Pfarrer gelingt es, mit ihrer Person zu überzeugen. In dem weithin herrschenden Mangel an Priestern haben Frauen an manchen Orten kirch­liche Dienste übernommen.

Die stran­gu­lierte Freiheit

In Deutschland verlassen getaufte, katho­lisch orien­tiert gewesene Menschen die Kirche in Scharen. Acht Prozent halten ihr derzeit noch die Treue. Einige von denen, die bisher noch nicht aus der Kirche ausge­treten sind, vertreten unver­drossen das Herrschafts­system der Vergan­genheit. Es ist zwar nicht mehr die Rede vom „Gesund schrumpfen“, aber man hofft auf eine „Recon­quista“.

Andere Getreue leiden. Sie leben im Glauben an die göttliche Substanz, die in der Kirche steckt. Sie versuchen, die Glaubens­sub­stanz öffentlich erkennbar zu machen. Angefeindet werden sie von Vertretern der Amtskirche. Oder man schweigt sie tot. Lautstark zu Wort melden sich unentwegt die studierten Theolo­ginnen mit der Forderung nach ihrer Priesterweihe.

Wieder andere haben die Altka­tho­lische Kirche entdeckt. Diese prakti­ziert – anders als ihr Name nahe legt – vieles von dem, was um Neuerung bemühte römisch-katho­­lische Christen fordern: Verhei­ratete Priester und zu Priestern geweihte Frauen. Abgespalten von der Katho­li­schen Kirche hat sich die Altka­tho­lische Kirche 1870 wegen des Dogmas der Unfehl­barkeit des Papstes.

Und noch andere: In die warmen Stuben der Wissen­schafts­in­sti­tu­tionen haben sie sich auf kritisch-distan­­zierte Beobach­tungs­po­si­tionen zurück­ge­zogen. Das bringt neben der staat­lichen Fürsorg­lichkeit den Vorteil in unserer Zeit der Wissen­schafts­gläu­bigkeit als anerkannte Autori­täten in der Öffent­lichkeit Beachtung zu finden. Und man kann dem Gendern frönen.

Die massa­krierte Freiheit

Schon seit geraumer Zeit exkom­mu­ni­ziert die Kirche gläubige Mitglieder, die nicht nach ihren hoheit­lichen Vorgaben leben. Obwohl sie keinerlei Mittel und kaum Wege hat, das Einhalten ihrer Verhal­tens­vor­gaben zu erzwingen – außer die Angst­mache vor Gottes­strafen. Wie eine Sekte ist sie an der öffent­lichen Diskussion kaum noch beteiligt.

In Zeiten religiöser Orien­tie­rungs­lo­sigkeit haben die Feinde der Freiheit größte Chancen, an die Macht zu kommen. Denn wer wegen der Komple­xität seiner Lebens­um­stände mit seiner Freiheit nichts mehr anzufangen weiß, überlässt sich den sich aufdrän­genden Vormündern. So ist die derzeitige sozial-liberale Regierung an die Macht gekommen, die sogenannte Ampel.

Es ist ein Irrglaube anzunehmen, dass die Menschen im Laufe der Geschichte aus ihren Fehlern lernen. Tun sie nicht. Die Schrecken des Zweiten Weltkriegs sind drei Genera­tionen danach schon nicht mehr präsent. Es ist wieder Krieg in Europa. Die Paradies­macher mit den simplen Vorstel­lungen von einer heilen Welt haben Zulauf. Wer seine Freiheit behalten will, rüstet sich auf.

Die erhel­lende Freiheit

Die Zeitge­nossen Jesu wollten ihn, den wunder­tä­tigen Wander­pre­diger, zu ihrem König machen, also zu ihrem weltlichen Herrscher. Doch Jesus entzog sich ihnen. Statt­dessen ließ er es zu, auf Betreiben der religiösen Autori­täten seines Volkes hinge­richtet zu werden. Doch er ist aufer­standen. Seine Jünger haben sich in ihrer Freiheit für ihn als ihren Gott entschieden.

Die Jünger Jesu haben ihren Gott und seine Lehre vom Reich Gottes in die Welt hinaus­ge­tragen. Alle, die uns unserer Freiheit nehmen wollen, tun das mit der Behauptung, schon auf dieser Welt das Paradies der Glück­se­ligkeit errichten zu können. Es wird nie dazu kommen. Denn mit der Unvoll­kom­menheit der Menschen ist das Scheitern der Paradies­macher vorprogrammiert.

Unsere Freiheit lässt sich mit Macht unter­drücken. Aber uns nehmen, das kann niemand. Nutzen müssen wir unsere Freiheit im Glauben an unseren Schöpfer, der uns mit einer Fülle von Talenten zur Gestaltung unseres Lebens ausge­stattet hat. Damit eröffnet sich für uns das Tor zu ewiger Glück­se­ligkeit in seiner Nähe. Unsere Freiheit der Unvoll­kom­menheit erfüllt sich in Gottes Vollkommenheit!

Die beglü­ckende Freiheit

Geboren werden wir in die Obhut unserer leiblichen Eltern. Zumindest von unserer Natur aus ist es so vorge­sehen. An ihrem Vorbild orien­tieren wir uns. Voller Lebens­drang. Voller Freude. Wir machen uns immer mehr Erfah­rungen zunutze. Und wir werden vor Gefahren gewarnt. Wir lernen aufzu­passen. Damit wir uns nicht die Finger verbrennen. Freiheit muss gelernt werden!

Viele von uns haben Geschwister. Mit Nachbars Kindern sind wir groß geworden. Wir haben gelernt, Mitglied einer Gemein­schaft zu sein. Wir mussten uns behaupten, aber auch unter­ordnen. Wir waren darauf aus, Anerkennung zu finden. Es galt heraus­zu­finden, was wir uns erlauben konnten und was wir besser sein ließen. Gemeinsam fühlten wir uns stark.

Wir kommen als lebens­frohe Menschen in die Welt. Alle wollen mit uns lachen. Ergötzen sich an unserer Frohnatur. Als Erwachsene stellen wir bei uns selbst und unseren Mitmen­schen fest: Das Lachen ist uns vergangen. Wir haben unsere Unschuld verloren. Unsere Freiheit ist uns abhanden gekommen. Seine Freiheit erhält, wer sich seine Lebens­freude nicht nehmen lässt.

Die missver­standene Freiheit

Das große Missver­ständnis im Leben vieler Menschen ist: Wenn ich mir alles leisten kann und alles tun kann, worauf ich Lust habe, bin ich ein freier Mensch. Es ist umgekehrt: Frei ist der Mensch, der von dieser Welt nicht mehr beansprucht, als er zum Leben braucht. Maß halten, statt immer und immer mehr haben wollen. Wer verzichten kann, ist frei!

Das Wort „Liebe“ ist in seiner Bedeutung zerstört. Unsere Liebe zu Gott, zu uns selbst und zu unseren Mitmen­schen lässt sich nur noch wahrhaft und unbelastet mitteilen, indem wir sie wortlos leben. In aller Unvoll­kom­menheit. Das verlangt von uns, Missver­ständ­nisse ertragen können. Verzicht auf Kritik und Vorwürfe. Das ist die Freiheit, die schon ein Kaiser Augustus akzep­tieren musste!

Was uns in die Abgründe der Unfreiheit stürzt: Maßlo­sigkeit, Macht­miss­brauch, Selbst­herr­lichkeit, Haben­müssen, Presti­ge­kampf, Gefühl­lo­sigkeit, Missgunst, Drogen­konsum, Umwelt­ver­schmutzung, Leichtsinn, Unacht­samkeit, Übermut, Lügen, Folter, Rache, Hass, Übermä­ßigkeit, Eitelkeit, Neid, Verharm­losung, Mobbing, Gehäs­sigkeit, Tierquä­lerei, Unbarm­her­zigkeit und vieles andere mehr.

Nur die an Gott gebundene Freiheit gibt Sinn!

6.1.2024

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