Quellen des Wohlstands – unbekannt?
Noch heute ist die Soziale Marktwirtschaft ursächlich für den Wohlstand in Deutschland. Doch das erkennt die Bevölkerung nicht mehr. Sie lehnt mittlerweile die Soziale Marktwirtschaft mehrheitlich ab. Wegen ihrer angeblichen Ungerechtigkeit. Allgemeine Wohlfahrt wird als Aufgabe des Staates gesehen. Übersehen wird trotz gegenteiliger Erfahrungen im Osten Deutschlands und anderen Ländern:
- dass eine möglichst große Zahl von erfolgreichen Unterneh-
mern notwendig ist, um Wohlstand zu erwirtschaften, - dass der Staat als Unternehmer nichts taugt und
- dass international agierende Konzerne Standorte schnell auf-
geben, wenn sie ihre Bedingungen nicht mehr erfüllt sehen.
Der Staat kann nur die Voraussetzungen für global wettbewerbsfähige Unternehmen schaffen – mehr nicht! Viele Politiker indes reklamieren Erfolge der Wirtschaft gerne als ihren Erfolg. Kein Wunder, dass man dann alles bei ihnen festmacht. Ein Volk, das wie die Deutschen von seiner Wettbewerbsfähigkeit lebt, sollte wissen, was die Voraussetzungen sind, damit Unternehmen in genügender Zahl erfolgreich sind.
Widerspiegeln müsste sich das Wissen um die Rahmenbedingungen für erfolgreiches Wirtschaften, das gerade in einer globalisierten Welt unabdingbar ist, in den Lehrplänen des Bildungssystems und in den Lernmaterialien der Schulen. Tut es aber nicht! Es bedurfte der Länder vergleichenden Pisa-Studien, ehe man in Deutschland merkte, dass Lesen, Schreiben und Rechnen etwas mit Wettbewerbsfähigkeit zu tun hat – man könnte auch sagen: mit Lebenstüchtigkeit.
6,2 Millionen der erwerbsfähigen Deutschen können nicht ausreichend lesen und schreiben. (Frühjahr 2019) Die öffentliche Aufmerksamkeit wird indes vorwiegend darauf gerichtet, wie man die Folgen für die Betroffenen – was ihre Teilhabe am Wohlstand angeht – verbessern kann, weniger auf die Verbesserung ihrer Fähigkeiten. Mit den Hartz IV-Gesetzen unter dem Motto „Fördern und Fordern“ sollte diese Einseitigkeit zurecht gerückt werden. Heute wird ihre Abschaffung betrieben.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft „SchuleWirtschaft“ hat bereits vor Jahren Schulbücher (155 Schulbücher) daraufhin untersucht, wie das Wirtschaftssystem Deutschlands dargestellt wird. Man kam zu dem Ergebnis, dass die Darstellung in vielerlei Hinsicht bruchstückhaft, unausgewogen und fehlerhaft ist. Beispiel: Über 80 Prozent der Schulbücher thematisieren den sogenannten Strukturwandel. Die Mehrzahl handelt ihn ab als Vorgang von technischen Neuerungen, die von den Arbeitnehmern zu bewältigen sind oder sie den Job kosten. Wie Unternehmer den technischen Fortschritt zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit nutzen und damit Arbeitsplätze erhalten und neue schaffen, bleibt unerwähnt.
Oder das Thema „Soziale Gerechtigkeit“. Es wird in fast 80 Prozent der untersuchten Schulbücher behandelt. Der Tenor ist unternehmer- und gesellschaftskritisch. Zitat: „Zur Randbelegschaft zählen jedoch nicht nur Menschen, die weniger anspruchsvolle ‚Lückenbüßerfunktionen‘ und Aushilfstätigkeiten bei schlechter Bezahlung und ohne soziale Absicherung übernehmen, sondern zum Beispiel auch all jene hochqualifizierten, selbständigen Dienstleister, deren Kompetenzen das Unternehmen je nach Bedarf für eine gewisse Zeit nutzt und einkauft.“ (aus: Gesellschaftsstrukturen und sozialer Wandel, Sekundarstufe II, Gymnasium, 1. Auflage 2003, Diesterweg Verlag)
Kritisches lässt sich auch insinuieren, indem man Zutreffendes verkürzt behauptet, in einen bestimmten Zusammenhang stellt und dazu Reizworte benutzt, von denen man weiß, dass sie in der Öffentlichkeit mit negativen Vorurteilen besetzt sind. Schulbuchdemagogie: „Die Unternehmen wollen möglichst viel Gewinn erzielen. (…) Unternehmen befinden sich in Privateigentum.“ (aus: Demokratie heute, Jahrgangsstufe 7–10, Hauptschule, Realschule, Regionale Schule, Duale Oberschule, 1. Auflage 2009, Schroedel Verlag) Nicht oder kaum behandelt werden Themen wie die Funktionsweise des Arbeitsmarktes, das Arbeitsrecht, Unternehmensformen und, für Jugendliche besonders wichtig, „Was ist Geld?“.
Ein Volk, das von den Quellen seines Wohlstands nichts oder zu wenig, Irreführendes oder Falsches weiß, wird sein Wohlergehen auf die Dauer nicht erhalten.