Das Wechselspiel des Liebesglücks: Patchwork
Ein Beispiel: Helga und Erich haben eine solide Ausbildung und einen guten Job. Sie haben eine Reihe von Freunden. Sie genießen das Leben. Sie fühlen sich als moderne, leistungsstarke Generation. Sie wollen Kinder haben und gemeinsam alt werden. Sie heiraten. Das erste Kind kommt: Johanna. Unbändige Freude. Aber dann spüren sie Veränderungen: Einschränkungen. Damit hat er mehr Probleme als sie. Sie möchte ein zweites Kind, er nicht. Sie bekommen ein zweites Kind: Markus.
Die Kinder schieben sich zwischen die Eltern. Die Eltern verhalten sich den Kindern gegenüber unterschiedlich und je nach Befindlichkeit. Sie möchte, sobald es geht, in ihren Job zurück. Als Mann mit zeitgemäßen Ansichten stimmt er dem zu. In Sachen Organisation des Haushalts und Kindererziehung fühlt er sich seiner Frau unterlegen. Also hängt alles an ihr – sonst würde die Familie im Chaos versinken. Sie fühlt sich allein gelassen. Ehe und Familie hatte sie sich anders vorgestellt. Die Verwandtschaft, vor allem ihre Eltern, helfen aus, wo sie nur können.
Fünf Jahre später. Erich ist ausgezogen. Er konnte es zuhause nicht mehr aushalten. Es gab nur noch Gekeife, Gezänk und Tränen. Er lebt jetzt mit Karin zusammen, die ein Kind in die Beziehung mitgebracht hat. Die beiden erwarten ein gemeinsames Kind. Karins Ex hat sie verlassen, als sie schwanger wurde.
Helga, Erichs Ex, hat nach zwei Jahren als allein erziehende Mutter mit full time-job wieder einen Partner: Josef, unverheiratet, kinderlos. Sie ist sich sicher, dass es diesmal der Richtige ist, um es nochmal zu versuchen. Als Ausdruck ihrer Liebe möchte sie ein Kind von ihm. Doch Josef möchte die Heirat und die Vaterschaft noch etwas hinausschieben. Schließlich ist er kein unbeschriebenes Blatt. Zwei Beziehungen hat er gehabt, und beide sind daran gescheitert, dass er eine pflegebedürftige Mutter hat.
Patchwork: Die Paare trennen sich, wenn es „nicht mehr geht”. Neuer Partner, neues Glück, neues familiäres Umfeld. Neue Schwiegereltern, neue Großeltern, Geschwister von ihr, Geschwister vom ihm, Tanten, Onkel, Vettern, Cousinen, Kinder, Kindeskinder; es geht kreuz und quer durch die Altersstufen. Den Kindern bleibt nichts anderes übrig, als sich irgendwie zu arrangieren.
Die Statistik: Etwa die Hälfte der Ehen wird in Deutschland mittlerweile noch vor dem sogenannten verflixten siebten Jahr geschieden, rund 200.000 pro Jahr. Nicht erfasst wird das Zusammenleben ohne Trauschein. Über die Hälfte derer, die geschieden wurden, haben nach etwa einem Jahr einen neuen Partner. Die Kinder bleiben in 85 Prozent der Scheidungsfälle bei der Mutter. Von den Patchworkverbindungen scheitern wiederum über die Hälfte. Als Kernzelle unserer Gesellschaft gilt nach wie vor die traditionelle Familie. Wie wird die Gesellschaft aussehen, in die Johanna und Markus hineinwachsen?