SINNphOLL-Thema: Sexualität
Folge 6:
Dem Himmel nahe
Das sechste Gebot
Stimmen der Sehnsucht
Pablo Neruda (1904 – 1973), Schriftsteller:
„Für mein Herz genügt deine Brust,
für deine Freiheit genügen meine Flügel.
Von meinem Mund gelangt bis zum Himmel,
was schlummerte auf deiner Seele.
In dir ist die Illusion eines jeden Tages.
Du kommst wie der Tau zu den Blumenkronen.
Du untergräbst den Horizont durch dein Fernsein.
Ewig auf der Flucht wie die Welle.
Du singst, so sagte ich, im Wind
wie die Föhren und wie die Masten.
Wie sie bist du hoch und schweigsam.
Und plötzlich wirst du traurig, wie eine Reise.
Gastfreundlich wie ein alter Weg.
Dich bevölkern Echos und Stimmen der Sehnsucht.
Ich erwachte, und manchmal ziehn flüchtend fort
Vögel, die schliefen in deiner Seele.“
Quelle: Pablo Neruda, “20 Liebesgedichte und ein Lied der Verzweiflung”, 1924; deutschsprachige Ausgabe: Luchterhand Literaturverlag GmbH, 1977, 1989, 2002
Wie sagen wir es unseren Kindern?
Regula Lehmann und Phil Pöschl, Autoren von „Powergirls & starke Kerle“, Unterrichtseinheiten Sexualkunde 10–13 Jahre: „Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass Körper, Gefühle und Denken eine Einheit bilden, schafft die Basis für ein integriertes Verständnis von Geschlechtlichkeit und Sexualität. Nur wo Sexualität gelingend in die Gesamtpersönlichkeit des Menschen eingebettet ist, kann sie langfristig als beglückend und beziehungsfördernd erlebt werden.“
Und: „Sich zu verlieben ist eines der Gefühle, das die Schülerinnen und Schüler in dieser Altersstufe zunehmend erleben. Gut mit den damit verbundenen Gefühlsstürmen und ihren Schattenseiten – Eifersucht, Zweifel am eigenen Liebeswert, Gerüchten und Spott der Kameraden – umgehen zu lernen, ist Teil eines lebenslangen Lernprozesses. In der heutigen, stark medial geprägten Kultur, die bloße Verliebtheit bereits als Liebe in ihrer Gesamtheit präsentiert und die Verliebtheit und ‚miteinander gehen‘ rund um die Uhr zelebriert, ist es wichtig, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass Verliebtheitsgefühle wie alle anderen Gefühle kommen und gehen, und dass sie uns zwar helfen, uns lebendig und glücklich zu fühlen, aber erst durch Ernsthaftigkeit und Tiefe ihren Wert erlangen.“
Und: „Eine stabile Beziehung und vertrauensvolles Eingebundensein in eine Familie entsprechen einer Grundsehnsucht des Menschen nach Geborgenheit und Identität, die nicht nur im Individuum begründet liegt, sondern im sozialen Verband, dem wir uns zugehörig fühlen. Untersuchungen zeigen allerdings, dass die Beziehungskompetenz und die Bindungsfähigkeit junger Menschen stark abgenommen haben. Man wünscht sich also dauerhafte Beziehungen, weiß aber nicht so recht, wie dieses Ziel zu erreichen ist.“
Quelle: Safersurfing www.safersurfing.org
„Das große bunte Durcheinander“
Klaus Franke in Der Spiegel: „Wie weit die traditionelle Geschlechterordnung bereits aufgeweicht war, offenbarten in den vierziger Jahren Untersuchungen des amerikanischen Zoologen Alfred Kinsey. Der faktenversessene Empiriker hatte an die 18 000 Männer und Frauen nach ihrer sexuellen Orientierung befragt und war zu einem die Öffentlichkeit schockierenden Ergebnis gekommen: 37 Prozent der interviewten Männer und 13 Prozent der Frauen gaben an, sie hätten ‚zumindest einige physische homosexuelle Erlebnisse bis zum Orgasmus‘ gehabt. …
Für Kinsey gab es eine so große Vielfalt ineinander verfließender, bisexueller Verhaltensmuster, daß letztlich eher die vermeintlich Normalen zusammen mit den rein Homosexuellen eine Gruppe bildeten, die fragwürdig wirkte. ‚Man darf die Welt nicht in Schafe und Böcke einteilen‘, resümierte Kinsey, sie stelle vielmehr ‚ein Kontinuum in allen ihren Aspekten‘ dar. Alle Formen des menschlichen Sexualverhaltens müßten deshalb als ‚natürlich‘ betrachtet werden.“
Und: „Für den in Düsseldorf praktizierenden Sextherapeuten Rolf Gindorf besteht kein Zweifel, daß sich in Zukunft mehr Menschen zu einem bisexuellen Lebenswandel entschließen werden. Nachdem sich das menschliche Sexualverhalten schon jetzt weitgehend vom biologischen Reproduktionszwang abgekoppelt habe, werde eine neue Ära anbrechen: ein ‚großes buntes Durcheinander‘ gemischter Sexualbeziehungen.“
Aus: DER SPIEGEL 8/1996
Sexuelle Orientierung
Wikipedia, die freie Enzyklopädie: „Sexuelle Orientierung (auch Sexualorientierung oder Geschlechtspartner-Orientierung) erfasst die nachhaltigen Interessen einer Person bezüglich des Geschlechts eines potentiellen Partners auf der Basis von Reproduktionsinteresse, Emotion, romantischer Liebe, Sexualität und Zuneigung. Gegenüber sexuellem Verhalten unterscheidet sie sich durch den Bezug auf Gefühle und Selbstkonzept. Darauf basierendes sexuelles Verhalten kann stattfinden, muss aber nicht. Zwischen zwei Extremen herrscht eine stufenlose Vielfalt. Die sexuelle Orientierung wird meist als einer von mehreren Teilen der sexuellen Identität angesehen und ist teilweise ein Ergebnis der sexuellen Prägung.
Als eigenständige sexuelle Orientierungen allgemein anerkannt sind folgende Kategorien:
- Heterosexualität – ausschließlich oder überwiegend Menschen des anderen Geschlechts sind von Interesse
- Homosexualität – ausschließlich oder überwiegend Menschen des gleichen Geschlechts sind von Interesse
- Bisexualität (Ambisexualität) – Menschen beiderlei Geschlechts sind von Interesse.
Weitere mögliche Kategorien sind:
- Asexualität – Menschen sind unabhängig von deren Geschlecht in sexueller Hinsicht nicht oder nur wenig von Interesse. Im Gegensatz zu den anderen sexuellen Orientierungen trifft der Begriff der Asexualität aber keine Aussage über die gefühlsmäßige Ausrichtung bzw. die romantische Orientierung.
- Polysexualität – Menschen mehreren, aber nicht allen sozialen oder körperlichen Geschlechts können von Interesse sein; beziehungsweise
- Pansexualität – Menschen jeglichen sozialen oder körperlichen Geschlechts können von Interesse sein.“
Eine neue Sexualmoral?
Bernhard Meuser, YOUCAT (Jugendkatechismus der katholischen Kirche): „Wenn heute drei Leute zusammenstehen, hat einer von den dreien eine Geschichte von Missbrauch zu erzählen. Wie können ausgerechnet die Kirchen in naiven Sexualoptimismus verfallen und zur Verharmlosung der sexuellen Begierde beitragen, als sei die Konkupiszenz ein fröhliches Spaßteil für alle?! Wo ist sie – die «neue Sexualmoral», die endlich all die vielfältigen Instrumente von Kultur, Religion und Moral bündelt, um diese Urkraft zu zähmen und im Garten des Menschlichen zu beheimaten?
Starke politische Kräfte etablieren Abtreibung als Methode der Verhütung und als Menschenrecht. In Deutschland wird jedes vierte Kind im Mutterleib getötet. Kinder sind aus der Öffentlichkeit verschwunden, weil sie in 90 % der Fälle vor der Geburt umgebracht werden. Wo ist sie – die «neue Sexualmoral», die endlich den systemischen Zusammenhang von Sexualverhalten und Lebensschutz thematisiert?
Pornografie ist ein Milliardengeschäft, das dem internationalen Drogenhandel gerade den Rang abläuft. Schon 10- und 11-jährige Kinder werden in visuelle Prostitution eingeweiht, als Suchtkunden konditioniert und zu übergriffigem Sexualverhalten erzogen; sie verwahrlosen dabei seelisch. Wo ist sie – die «neue Sexualmoral», die der Pest des 21. Jahrhunderts die Stirn bietet?
Im 19. und 20. Jahrhundert ging der Kampf um die Produktionsmittel; heute geht der Kampf um die Reproduktionsmittel. Leihmutterschaft und eine immer skrupellosere Fortpflanzungs-Industrie machen die Geburt eines (passend designten) Kindes zu einem Geschäft oder einem technischen Akt. Wo ist sie – die «neue Sexualmoral», die das Geschenk des Lebens vor dem Zugriff von Macht und Markt schützt?
Die ideologische Dekonstruktion der klassischen Familie, der Entzug ihrer ökonomischen und rechtlichen Grundlagen (etwa die Bestreitung ihres primären Erziehungsrechts), zerstört die Keimzelle der Gesellschaft und den natürlichen Schutzraum von Kindern, die immer häufiger Opfer von Missbrauch werden. Wo ist sie – die «neue Sexualmoral», die für das Leitbild der natürlichen Familie in die Offensive geht?“
Quelle: Bernhard Meuser, Offener Brief an die deutschen Bischöfe, www.kath.net, 9.11.2020
Das sechste Gebot: Du sollst nicht die Ehe brechen!
Die Verhaltensvorgaben der katholischen Kirchenleitung unter Papst Johannes Paul II. (Katechismus 1993) zum sechsten Gebot (Auszüge):
Zu Sexualität und Liebe: „Die Geschlechtlichkeit, in der sich zeigt, daß der Mensch auch der körperlichen und biologischen Welt angehört, wird persönlich und wahrhaft menschlich, wenn sie in die Beziehung von Person zu Person, in die vollständige und zeitlich unbegrenzte wechselseitige Hingabe von Mann und Frau eingegliedert wird.“
Zu vorehelichen Sexualbeziehungen: „Die Brautleute sind aufgefordert, die Keuschheit in Enthaltsamkeit zu leben. Sie sollen diese Bewährungszeit als eine Zeit ansehen, in der sie lernen, einander zu achten und treu zu sein in der Hoffnung, daß sie von Gott einander geschenkt werden. Sie sollen Liebesbezeugungen, die der ehelichen Liebe vorbehalten sind, der Zeit nach der Heirat vorbehalten.“
Und: „Die leibliche Vereinigung ist nur dann moralisch zu rechtfertigen, wenn zwischen dem Mann und der Frau eine endgültige Lebensgemeinschaft gegründet worden ist. Die menschliche Liebe läßt den bloßen ‚Versuch‘ nicht zu. Sie verlangt eine endgültige und ganze gegenseitige Hingabe der beiden Partner.“
Zur Selbstbefriedigung: „Masturbation ist die absichtliche Erregung der Geschlechtsorgane, mit dem Ziel, geschlechtliche Lust hervorzurufen. … Der um ihrer selbst willen gesuchten geschlechtlichen Lust fehlt ‚die von der sittlichen Ordnung geforderte geschlechtliche Beziehung, jene nämlich, die den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe realisiert‘ (CDF, Erkl. „Persona humana“ 9).“
Und: „Um ein ausgewogenes Urteil über die sittliche Verantwortung jener, die sich hierin verfehlen, zu bilden und um die Seelsorge danach auszurichten, soll man affektive, die Macht eingefleischter Gewohnheiten, Angstzustände und weitere psychische oder gesellschaftliche Faktoren berücksichtigen, welche die moralische Schuld vermindern oder sogar aufheben.“
Zur Homosexualität: „Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen sind homosexuell veranlagt. Sie haben diese Veranlagung nicht selbst gewählt; für die meisten von ihnen stellt sie eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen. … Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Veranlagung erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen.“
Und: „Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen. Durch die Tugenden der Selbstbeherrschung, die zur inneren Freiheit erziehen, können und sollen sie sich – vielleicht auch mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft – durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern.“
Zur Empfängnisverhütung: „Die zeitweilige Enthaltsamkeit sowie die auf Selbstbeobachtung und der Wahl von unfruchtbaren Perioden der Frau beruhenden Methoden der Empfängnisregelung entsprechen den objektiven Kriterien der Moral. … Hingegen ‚ist jede Handlung verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzugs des ehelichen Aktes oder im Anschluß an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel‘.“
Und: „Der Staat ist für das Wohl der Bürger verantwortlich. Aus diesem Grund ist er berechtigt, auf das Bevölkerungswachstum einzuwirken. Er darf das mittels einer taktvollen objektiven Information tun, nicht aber auf autoritäre Weise und durch Ausübung von Zwang. … Er ist nicht berechtigt, der Moral widersprechende Mittel zur Regelung des Bevölkerungswachstums zu begünstigen.“
Und: „Die Empfängnisregelung stellt einen der Aspekte verantwortlicher Elternschaft dar. Auch wenn die Absicht der beiden Gatten gut ist, sind sie doch nicht berechtigt, sich sittlich unzulässiger Mittel zu bedienen (z. B. direkte Sterilisation oder Verhütungsmittel).“
Quelle: Katechismus der Katholischen Kirche, R. Oldenbourg Verlag, 1993
Sexarbeit statt Prostitution
Wikipedia, die freie Enzyklopädie: „Prostitution bezeichnet die Vornahme sexueller Handlungen gegen Entgelt, seit den 1970er Jahren Sexarbeit genannt, früher horizontales Gewerbe. Erfolgt die Prostitution unfreiwillig, ist es Zwangsprostitution. Prostitution findet sich seit Anbeginn der Geschichtsschreibung, in allen Kulturen und Epochen, und ist eng mit der Geschichte der Frauenrechte, der Sexualität der Frau und der Geschichte der LGBT (aus dem englischen Sprachraum übernommene Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender) verknüpft. Die gesellschaftliche Bewertung unterliegt bis heute ungebrochen einem starken Wandel und wird von politisch-weltanschaulichen sowie religiösen Vorstellungen beeinflusst.
In der Prostitution Tätige gehören in vielen Kulturen einer sozialen Gruppe an, die bis heute von Menschenhandel, Gewalt, Ausbeutung, Diskriminierung, Stigmatisierung und Verfolgung bedroht ist. … In westlichen Gesellschaften wenden sich seit dem späten 20. Jahrhundert zunächst vereinzelte kleine Prostitutionsverbände und Amnesty International gegen Diskriminierung und fordern eine positive Betrachtung des Sexgewerbes, in Deutschland vor allem mit der rechtlichen Anerkennung als legale Arbeit …“
Und „Unter dem Begriff Nordisches Modell für Prostitution werden verschiedene Varianten zur Bekämpfung von Prostitution durch die Kriminalisierung der Kunden der Prostituierten zusammengefasst, deren bekannteste die der skandinavischen Länder, insbesondere Schwedens, ist. Folgende Länder haben das abolitionistische (Abolitionismus: Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei) Modell schon in die Praxis umgesetzt: Schweden, Norwegen, Island, Kanada, Frankreich, Irland, und Israel.
In jedem dieser Länder nimmt das Modell eine andere Form ein, daher ist es wichtig zwischen dem Modell und der Umsetzung in einem bestimmten Land zu unterscheiden. Die Gesetzgebung würde in Deutschland sicher anders aussehen als in Schweden oder Frankreich, aber der Grundgedanke bleibt: Prostituierte entkriminalisieren, dafür Sexkäufer und Betreiber kriminalisieren und Ausstiegsprogramme einrichten und finanzieren.“
Die Zeichen der Zeit erkennen oder als ‚Zeitgeist‘ abtun?
Friedrich Kronenberg zum sogenannten ‚synodalen Weg‘ der Kirche in Deutschland: „Der „synodale Weg“, den die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken gemeinsam begonnen haben, bietet die Chance, den zukünftigen Weg der Kirche in Deutschland in den Blick zu nehmen. Die vier vorgesehenen Themenbereiche – Sexualmoral, priesterliche Lebensform, Macht in der Kirche, Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche – beinhalten dringende Fragen, die einer Antwort bedürfen.“
Und: „Menschen können die Kirche nicht kaputt machen – weder Bischöfe, nochPriester oder Laien. Dass Menschen den Ruf zur Nachfolge Christi annehmen, das bleibt Tatsache bis zum jüngsten Tag. Aber die Institution Kirche, die von uns Menschen geschaffen wurde, um den Jüngern Christi, dem Volk Gottes bei ihrem Kirche-Sein zu dienen, diese Institution bedarf der fortwährenden Gestaltung und Weiterentwicklung – und sie kann tatsächlich auch „kaputt gemacht“ werden, wenn wir in dieser Gestaltungsaufgabe versagen.“
Und: „Die Fortentwicklung der kirchlichen Verfassung ist in den vergangenen Jahrzehnten unvollkommen geblieben, weil die Weltkirche die hierfür erforderlichen Konsequenzen aus den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils nur unvollständig gezogen hat. Hinzu kommt das Versäumnis, die Zeichen der Zeit zu erkennen und entsprechende Schlussfolgerungen daraus für die Gestalt der Kirche zu ziehen.
‚Die Kirche muss … von der Welt lernen, sonst kann sie nicht Kirche sein. Es gibt kein Selbstverständnis, kein Denken, keine Theologie ohne Welt. Eine weltlose Theologie wäre gar nicht denkbar, auch nicht ohne die soziale Welt‘, hat Kardinal Reinhard Marx zurecht erklärt.
Einige Stichworte mögen das Themenfeld beleuchten: christlich frei statt ideologisch fixiert, personale Freiheit statt patriarchaler Bevormundung, solidarisch statt individualistisch, subsidiär statt zentralistisch, teilhabend statt klerikalistisch, demokratiegemäß statt monarchisch, Nachfolge Christi statt Gefolgschaft, Gewaltenteilung statt Machtmissbrauch.“
Aus: Christ in der Gegenwart, Herder Verlag, 29.9.2019
Weggelassen
Im Katechismus der Katholischen Kirche zum sechsten Gebot wird die Bibelstelle des Johannes-Evangeliums zum Ehebruch nicht erwähnt:
„Alle Leute dort versammelten sich um ihn. Er setzte sich und sprach zu ihnen über den Willen Gottes. Da führten die Gesetzeslehrer und Pharisäer eine Frau herbei, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu Jesus: ‚Lehrer, diese Frau wurde ertappt, als sie gerade Ehebruch beging. Im Gesetz schreibt Mose uns vor, dass eine solche Frau gesteinigt werden muss. Was sagst du dazu?‘
Mit dieser Frage wollten sie ihm eine Falle stellen, um ihn anklagen zu können. Aber Jesus bückte sich nur und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nicht aufhörten zu fragen, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: ‚Wer von euch noch nie eine Sünde begangen hat, soll den ersten Stein auf sie werfen!‘
Dann bückte er sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie das hörten, zog sich einer nach dem andern zurück; die Älteren gingen zuerst. Zuletzt war Jesus allein mit der Frau, die immer noch dort stand. Er richtete sich wieder auf und fragte sie: ‚Frau, wo sind sie geblieben? Ist keiner mehr da, um dich zu verurteilen?‘ ‚Keiner, Herr‘, antwortete sie. Da sagte Jesus: ‚Ich verurteile dich auch nicht. Du kannst gehen; aber tu diese Sünde nicht mehr!‘“
Neues Testament, Johannes-Evangelium, Kapitel 8, die Verse 2b bis 12